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chen nach der Geburt ihrer Tochter Marie; Schwester: Friederike. Mehrere Halbgeschwis-
ter; 1. Stiefmutter: Eugénie Bartenstein; 2. Stiefmutter: Xaverine Kolowrat-Krakowsky.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1848 Heirat mit ihrem 15 Jahre älteren Cousin Moritz Frei-
herr Ebner von Eschenbach (1815–1898), Professor an der Ingenieur-Akademie in Wien
für Physik und Chemie, später Feldmarschallleutnant und Mitglied der Militärakademie;
die Ehe blieb kinderlos.
Ausbildungen: M. v. E.-E. wurde im Alter von elf Jahren mit der Aufgabe betraut, die
großmütterliche Bibliothek zu ordnen. Dabei eignete sie sich autodidaktisch umfassendes
Wissen an. Sie erlernte neben ihrer französischen Muttersprache auch Deutsch und Tsche-
chisch. Absolvierte 1879 eine UhrmacherInnen-Ausbildung in Wien.
Laufbahn: Sie wuchs sommers auf Schloß Zdislawitz und winters in Wien auf. Nach dem
Verlust ihrer geliebten ersten Stiefmutter Eugénie als siebenjähriges Kind, konnte sie zu ihrer
neuen Stiefmutter Xaverine ein enges Verhältnis aufbauen. Diese war eine hochgebildete
Frau, erkannte und förderte früh das Talent ihrer Stieftochter, bemühte sich um diverse lite-
rarische Anregungen und nahm sie regelmäßig ins Wiener Burgtheater mit. Unter dem Ein-
druck dieser Burgtheaterbesuche begann M. v. E.-E. bald mit ihrer ehrgeizigen dichterischen
Produktion. Nach ihrer Heirat folgte sie ihrem gebildeten und sie unterstützenden Mann
1850 nach Klosterbruck bei Znaim und 1863 zurück nach Wien, das neben Zdislawitz ihr
ständiger Aufenthalt wurde. Inspiriert von Friedrich von Schiller, versuchte sie sich zunächst
als Dramatikerin. Ihr anonym erschienenes Erstlingswerk, die Briefsatire „Aus Franzensbad“,
würde sie im Nachinein ablehnen – vermutlich nicht zuletzt wegen der klischeehaften Dar-
stellungen von JüdInnen, mit denen sie sich später solidarisieren sollte. Sie blieb erfolglos und
verarbeitete ihre Enttäuschungen und die davon begleitete Vereinsamung ab 1867 in Tage-
buchaufzeichnungen. Erst als sie nach fast zwanzig Jahren schließlich zu Erzählungen wech-
selte, wurde sie 1876 durch den Abdruck ihres ersten Kurzromans „Božena“ in der führenden
Monatsschrift „Deutsche Rundschau“ bekannt. Ihren endgültigen Durchbruch erzielte sie
1880 mit ihrem Roman „Lotti, die Uhrmacherin“, der in der „Deutschen Rundschau“ vor-
abgedruckt erschien. Von nun an war sie auch Verlagen willkommen. Ihre im selben Jahr
erschienenen „Aphorismen“ und die später veröffentlichten „Dorf- und Schlossgeschichten“
sowie das „Gemeindekind“ zählen zu ihren erfolgreichsten Texten. Sie unternahm nach dem
Tod ihres Gatten bis ins Jahr 1905 mehrere Italien-Reisen. Mit ihren dialogischen Novellen
ab 1890 fand sie ihren dramatischen Stil. Mit „Ohne Liebe“ (1888) und „Am Ende“ (1895)
wurde M. v. E.-E. nun endlich als Dramatikerin wahrgenommen und erzielte an der Berliner
„Freien Bühne“ rauschende Erfolge. Sie unterhielt zahlreiche KünstlerInnenfreundschaften
und literarische Beziehungen, u. a. zu Franz Grillparzer, Heinrich Laube, Ferdinand von Saar,
Betty Paoli, Luise von François und Enrica von Handel-Mazzetti. Sie wurde nach ihrem Tod
beim väterlichen Schloß Zdislawitz beigesetzt. M. v. E.-E. zählt heute zu den bedeutendsten
SchrifstellerInnen Österreichs. Ihr Werk zeichnet ein lebendiges Bild der österreichischen
Gesellschaft vor Zusammenbruch der Monarchie, wobei die psychologischen Erzählungen
den Schwerpunkt bilden. Als Aphoristikerin bedient sich M. v. E.-E. der Methode der Stei-
gerung und Überspitzung. Als führende Vertreterin des österreichischen Spätrealismus zeigt
sie eine sozialkritische Tendenz, thematisiert die Lebensbedingungen der Unterschicht und
zeigt ein von Aufklärung und Humanismus inspiriertes, waches politisches Bewusstsein.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika