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Elisabeth716
(† 1434). Darüber hinaus wird eine politisch-dynastische Ikonographie manifest, die auf
eine Gleichsetzung der polnischen Monarchie mit dem Kaisertum sowie der dynastische
Anspruch der Jagiellonen auf die böhmische und ungarische Krone, wobei explizit auf E.
als Enkelin des Kaisers und Königs von Böhmen und Ungarn Sigismund, rekurriert wird.
Anlass für eine weitere Stiftung E.s war der Tod ihres dritten Sohnes Johann Albrecht. Er
war nach Kasimirs Tod mit Unterstützung E.s auf den Thron gelangt. Bereits neun Jahre
später (1501) starb der unverheiratet gebliebene Monarch. Während der Sohn Kasimir in
der Kathedrale in Wilna seine letzte Ruhestätte fand, ließ sie für Johann Albrecht die Fron-
leichnamskapelle mit dem Grabmal Johann Albrechts im spätgotischen Stil errichten. 1503
wurde die auf der Südseite der Krakauer Kathedrale befindliche Kapelle Johannes Evan-
gelista zu teilen, um dort die Kapelle mit dem Grabmal für Johann Albrecht zu errichten.
Darüber hinaus weist ein Inventar der Kathedrale in Krakau von 1563 eine erhebliche
Anzahl von Schenkungen E.s an Kunstwerken aus dem Bereich der Goldschmiede- und
Buchkunst sowie von Textilien auf; darunter ragt besonders ein Ornat mit einer nicht mehr
erhaltenen Dalmatika sowie die Reliquiendose des polnischen Nationalheiligen, des Kra-
kauer Bischofs Stanislaus († 1079) hervor. Das mit Edelsteinen reich verzierte Reliquiar aus
reinem Gold hat die Jahreszahl 1504, die Inschrift am Deckelrand weist die Schenkung als
gemeinsame Initiative von E. und ihren Söhnen Johann Albrecht und Friedrich aus, die aber
zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Behältnisses bereits tot waren.
Noch zu wenig erforscht ist die Bibliophilie der Königin. Die beiden von ihr gestifteten
Kapellen wurden auch mit den notwendigen liturgischen und hagiographischen Büchern
ausgestattet. Ebenso beschenkte sie den Sohn Friedrich, Kardinal, Bischof von Krakau und
Erzbischof von Gnesen, mit wertvollen Büchern.
Die von E. geförderten Frömmigkeitsformen sowie die von ihr vertretenen Erziehungs-
ideale, wie sie im Trakatat „De institutione regii pueri” (siehe unten) niedergelegt wurden,
blieben sicher nicht ohne Einwirkung auf ihre Söhne und Töchter, die als Könige von Po-
len, Böhmen und Ungarn bzw. verheiratet an europäischen Höfen, Politik und Kultur aktiv
gestalteten bzw. mitbestimmten, sodass ihre Bedeutung über den Krakauer Hof und Polen
hinaus nicht zu gering veranschlagt werden sollte.
E. starb am 30. August 1505 in Krakau und wurde ihrem Wunsch gemäß in der Heilig-
kreuzkapelle auf dem Wawel beigesetzt.
W.: Besondere Aufmerksamkeit verdient ein Buch, das aufs engste mit der Königin verbun-
den ist. Der Erziehungstraktat „De institutione regii pueri” (ed. Zeissberg), den E. ihrem
Sohn Ladislaus, König von Polen und Ungarn widmete. Anlass war die Vermählung ihres
Sohnes mit Anne de Foix 1502. Das Thema ist die Geburt und Erziehung eines künftigen
Thronfolgers. Darin wird ein vom Humanismus geprägter Bildungskanon propagiert, aber
auch die Orientierung an Vorbildern aus der eigenen Familie empfohlen. Das angestreb-
te Ideal ist die höchste Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit. Der Text wurde mit
großer Wahrscheinlichkeit nicht von E. verfasst oder von ihr mitbestimmt. Der genaue
Entstehungskontext der Schrift ist noch zu klären. Inwieweit der für ihren Bruder Ladislaus
Postumus verfasste Traktat von Aeneas Silvius Piccolomini sowie dessen bereits 1443 ent-
standenes Werk „De liberorum educatione“ für E.s Abhandlung maßgeblich waren, ist noch
nicht geklärt. „De institutione regii pueri” war die erste Schrift pädagogischen Inhalts in der
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika