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Gertrud1012
in Österreich nicht zu verlieren. Der Papst bestätigte am 14. September 1248 dem Markgra-
fen den rechtmäßigen Besitz des Herzogtums Österreichs, das laut Erbrecht an G. und von
dieser als Schenkung an ihn gekommen sei. G. selbst hat sich von Anfang an stets als Erbin
des Herzogtums betrachtet und im Gegensatz zu ihrer Tante Margarethe den Titel einer
ducissa Austrie und von 1249 an den einer ducissa Austrie et Stirie geführt. Als ihren Aufent-
halt hatte sie die Burg Kahlenberg (heute Leopoldsberg) in nächster Nähe zu Wien gewählt,
die damals dem Stift Klosterneuburg gehörte. Von Klosterneuburg aus begann Hermann
von Baden, seine Interessen in Österreich durchzusetzen. Hermann, der den Titel eines
Herzogs von Österreich und Steiermark neben dem des Markgrafen von Baden führte, war
jedoch kein Erfolg beschieden. Er beherrschte nur kleine Teile Österreichs und in der Stei-
ermark wurde er gar nicht anerkannt. Sein Tod am 4. Oktober 1250 vereitelte das nicht sehr
aussichtsreiche Vorhaben, in Österreich eine neue Dynastie zu bilden. Bevor Kaiser Fried-
rich II. sich anschickte, den politischen Wirrnissen und Unsicherheiten in den babenbergi-
schen Herzogtümern Österreich und Steiermark Abhilfe durch einen neuen Landesfürsten
zu schaffen, war er am 13. Dezember 1250 in Apulien gestorben. Seine testamentarische
Verfügung, dass sein Enkel Friedrich aus der Ehe seines Sohnes Heinrich (VII.) († 1242) mit
G.s Tante Margarethe, von König Konrad IV. (reg. 1237–1254) mit diesen Ländern belehnt
werden sollte, blieb unausgeführt. Friedrich starb im folgenden Jahr, ohne je sein Erbe ange-
treten zu haben. Innozenz IV. bemühte sich weiterhin um die nun zum zweiten Mal verwit-
wete G., wenngleich mit Friedrichs II. Tod das päpstliche Interesse an den babenbergischen
Ländern im Schwinden begriffen war. G. jedoch fühlte sich stark auf der Basis der von ihrem
verstorbenen Mann behaupteten Gebiete inklusive der Stadt Wien, den Wunsch des Paps-
tes, den Bruder von König Wilhelm, Graf Florens von Holland († 1258), zu ehelichen, ab-
zulehnen. G.s Tante Margarethe war wieder auf die politische Bühne zurückkehrt. Mit ihrer
Heirat von Markgraf Ottokar II. Přemysl von Mähren am 11. Februar 1252 hatte sie dessen
nur auf Konsens der Landherren in Österreich beruhende Herrschaft mit Unterstützung der
Kurie legitimiert. Die auf diese Weise von ihrer Tante verdrängte G. verband sich mit König
Béla IV. von Ungarn (reg. 1235–1270) und heiratete 1252 Roman, den Sohn des mit Béla
verbündeten russischen Großfürsten Daniil von Halič-Wolhynien, in Himberg. Dieser
konnte sich trotz militärischer Unterstützung seitens des Ungarnkönigs nicht behaupten; er
kehrte in seine Heimat zurück und löste die Ehe mit G. auf. Die Kämpfe zwischen Béla IV.
und den inzwischen König von Böhmen gewordenen Ottokar Přemysl endeten erst am
3. April 1254 mit dem Frieden von Ofen. Der Ungarnkönig erhielt die Steiermark ohne das
Gebiet um Wiener Neustadt und Pitten. G. wurde mit Besitz in der Ober- und Weststeier-
mark abgefunden und ließ sich in Voitsberg nieder. Ihren herzoglichen Titel durfte sie wei-
terhin führen. G. hatte vielleicht gehofft, Erbansprüche für ihre Kinder zu retten, musste
jedoch miterleben, wie ihr Sohn Friedrich 1268 gemeinsam mit Konradin, dem letzten legi-
timen Staufer, sein Leben auf dem Blutgerüst von Neapel verlor. Ihre Tochter Agnes hatte
Ulrich III., den letzten regierenden Herzog von Kärnten aus dem Haus der Spanheimer
geheiratet, der 1269 starb. Agnes ehelichte im darauffolgenden Jahr Graf Ulrich von Heun-
burg († 1308). Es scheint, dass sich G. nach dem Tod ihres herzoglichen Schwiegersohnes
nicht länger im Land halten konnte. 1260/61 hatte Ottokar auch die Steiermark an sich
gebracht; 1268 hatte ihn Herzog Ulrich III. von Kärnten zum Erben all seiner Länder, Ei-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika