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die Situation für Ärztinnen im Hinblick auf berufliche Möglichkeiten und Karriere al-
lerdings schwierig. In welchem Rahmen diese Tätigkeit stattfand, kann heute nicht mehr
verifiziert werden, eine eigene Praxis dürfte sie jedoch nicht geführt haben, einem Zeitungs-
artikel ist zu entnehmen, sie habe als Nervenärztin in verschiedenen Anstalten gearbeitet.
Davor soll sie außerdem an der Lehrkanzel für Strafrecht in Köln beschäftigt gewesen sein.
Aufgrund einer hartnäckigen psychischen Erkrankung musste sich W. H. mehrmals für län-
gere Zeit in stationäre Behandlung begeben, bereits im Sommer 1917 hatte sie ihr Studium
aus gesundheitlichen Gründen unterbrochen.
Mitte 1934 reiste sie, im Alter von 40 Jahren, zum ersten Mal nach Südamerika, im August
kam sie in Buenos Aires an und besuchte erstmals die Cainguá, danach begab sie sich nach
Paraguay und unternahm mehrere Expeditionen zu den Guayaki. Nach zwei Jahren Feld-
forschung in Paraguay und Argentinien kehrte sie im Oktober 1936 nach Wien zurück. Es
war der Beginn eines jahrzehntelangen Forscherinnenlebens in Südamerika, vor allem in
den Ländern Argentinien, Paraguay, Brasilien und Bolivien. Nach nicht einmal einem Jahr
reiste W. H. wieder von Wien ab und lebte, mit zahlreichen Ortswechseln, bis 1955 in ver-
schiedenen Ländern Südamerikas. Im Herbst 1955 kehrte sie ein letztes Mal nach Europa
zurück, um Ende 1956 wieder abzureisen und sich bis zu ihrem Tod 1958 unermüdlich ihren
Feldforschungen zu widmen.
Ihren Sohn, der 1934 elf Jahre alt war, ließ sie in der Obhut ihrer Mutter Ida Hanke in
Wien zurück. Der Versuch, die beiden Ende 1938 nach Argentinien nachzuholen, wo sie
sich niederlassen wollte, scheiterte aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges, eben-
so ihre baldige Rückkehr nach Wien. Schließlich nahm sie im Laufe der 1940er Jahre die
Staatsbürgerschaft Paraguays an, vermutlich um den immer wieder notwendigen Formali-
täten um Aufenthaltsgenehmigung, die zum Teil äußerst schwierig und langwierig waren,
zu entkommen.
Allerdings gestaltete sich der Forschungsalltag – ohne institutionelle Anbindung und prak-
tisch ohne finanziellen Rückhalt
– doch eher schwierig, nicht zuletzt aufgrund einer äußerst
angespannten finanziellen Situation. Diese Geldsorgen sollten W. H.s zukünftige Unter-
nehmungen begleiten, nicht selten konnte sie nicht einmal die Fahrtkosten selbst bestreiten.
Darüber hinaus erkrankte sie am Ende ihrer ersten Reise in Buenos Aires schwer, und auch
die gesundheitlichen Probleme begleiteten sie fortan, zweifellos gefördert durch die Stra-
pazen während ihrer Forschungen. Es gibt Berichte, dass sie während ihrer Expeditionen
aufgrund ihrer Arthritis, von der sie jahrelang geplagt wurde, zum Teil auf einer Bahre ge-
tragen werden musste. W. H. stirbt schließlich während ihrer Feldforschung bei den Tukuna
am 31. 8. 1958 in Benjamin Constant, in Brasilien, einer Stadt im nordwestlichen Bundes-
staat Amazonas, an der Grenze zu Peru und Kolumbien, an Malaria und Herzschwäche.
Nach wie vor der Forschung verpflichtet, hatte sie zuletzt unter schwierigsten Bedingungen
ihr Dasein gefristet, von der Wissenschaft nahezu vergessen. Ihre dringenden Hilferufe
nach Europa kamen zu spät, um ihr noch rechtzeitig Unterstützung zukommen zu lassen,
wie Eckert und Trimborn (1964: 8) bedauernd festhielten. Weiters war sie bereits bei ihrer
Reise ersten Anfeindungen ausgesetzt, die über die österreichische Gesandtschaft in Rio
de Janeiro an den damaligen Direktor des Wiener Museums für Völkerkunde, Fritz Röck,
herangetragen wurden und ihr in der Folge einige Schwierigkeiten bereiten sollten, wie der
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika