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Hönigsmann | H 1373
Laufbahn: Trotz ihrer bürgerlichen Herkunft war sie eine der ersten Vorkämpferinnen für
den Sozialismus in Österreich. Sie gründete schon vor dem Ersten Weltkrieg im ersten
Wiener Gemeindebezirk ein Frauenkomitee. Nach dem politischen Umsturz von 1918
wirbt sie in diesem Bezirk Mitglieder für die Sozialdemokratische Partei und ist bemüht,
die Frauen politisch zu organisieren. Sie ist bis ins hohe Alter Beraterin des Bezirksvorstan-
des Innere Stadt und Kolporteurin der Zeitschrift „Die Unzufriedene“, für die sie auch als
Redakteurin tätig ist. Bevor O. H., die von Beruf Modezeichnerin war und außerdem eine
Ausbildung als akademische Malerin hatte, ihr Atelier in der Spiegelgasse im ersten Wiener
Gemeindebezirk bezog, lebte und arbeitete sie in Wien-Margareten.
Schon seit ihrer Jugend hat sich O. H. für die damals ebenfalls noch junge Sozialdemokratie
eingesetzt und die Zeit, die ihr neben der Tätigkeit als Modezeichnerin blieb, der Partei-
arbeit gewidmet. O. H. strebte keine hohen Parteifunktionen an, sie war stets der Meinung,
dass sich die vielfältige Kleinarbeit in der Partei letztlich in gewaltige politische Macht
umsetzen werde. Umfassende Bildung, reger Geist und große Bescheidenheit gehörten laut
Meinung ihrer ZeitgenossInnen zu den hervorstechendsten Eigenschaften von O. H. Zu ih-
ren Freunden und Bekannten zählten die meisten Größen der Sozialdemokratischen Partei
wie zum Beispiel Victor Adler, Käthe Leichter, Otto Bauer, Adelheid Popp, Anna Boschek
und Robert Danneberg, um die berühmtesten zu nennen.
O. H. war Mitglied des Frauenreichskomitees der Sozialdemokratischen Partei Österreichs
und die Vorgängerin Käthe Leichters als Vorsitzende des Bezirksfrauenkomitees im ersten
Bezirk. Sie setzte sich vehement für die Verbesserung der Lage der Heimarbeiterinnen ein.
Die Beschäftigung mit dem Los dieser Gruppe, die O. H. ihr ganzes Leben lang am Herzen
lag, verband sie auch mit Käthe Leichter, die in ihren Schriften oft auf die sozialen Probleme
der Heimarbeiterinnen einging, die sich mit der katastrophalen wirtschaftlichen Lage Öster-
reichs nach dem Ersten Weltkrieg verschärft gehabt hatten. Es waren neben den ArbeiterIn-
nen, die in dieser Branche schon vorher tätig waren, auch die Frauen des nunmehr verarmten
Mittelstandes gezwungen, diese schlecht entlohnte Erwerbsarbeit zu leisten. Die Heimarbeit
bot sich förmlich an, da sie auch Hausfrauen offen stand. Die große Konkurrenz auf diesem
Arbeitsmarktsektor gab den Unternehmern deshalb die Möglichkeit, die Löhne weiter zu
drücken und die Bedingungen noch zu verschärfen. Durch den Einsatz von Politikerinnen
wie Käthe Leichter und O. H. konnte die Situation der Heimarbeiterinnen verbessert werden.
Die Hoffnung O. H.s, der sie in einer Rede Ausdruck gab, den Anschluss an Deutschland
nicht mehr erleben zu müssen, wurde nicht erfüllt. Sie erfuhr 1934 das Verbot ihrer Partei
unter der austrofaschistischen Dollfußdiktatur und wehrte sich dagegen, indem sie die aus
Brünn geschmuggelte „Arbeiterzeitung“ kolportierte, obwohl sie bereits das hohe Alter von
78 Jahren erreicht hatte. Im Jahre 1938 musste die über 80jährige aus Sicherheitsgründen
sogar ihre Wohnung verlassen. Die Befreiung Österreichs konnte sie nicht mehr erleben.
O. H. starb am 28. Jänner 1942 in Wien.
L.: Magaziner 1986, Pasteur 1986, AZ 26. 10. 1926, AZ 8. 9. 1930, Die Unzufriedene (Wien)
14. 11. 1931
Karin Nusko
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 1, A – H
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 1, A – H
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1422
- Category
- Lexika