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König1732
1930 wird Ehrenfels wegen seiner Geschäfte und disziplinären Problemen seines Amtes
enthoben, er setzt sich nach Berlin ab, wo er mit seiner zukünftigen Frau zusammenlebt, A.
bezahlt seine Schulden. 1936 wird die Ehe geschieden.
1922 war A.s erster Roman erschienen, „Der heilige Palast“ über das Leben der byzanti-
nischen Kaiserin Theodora. Er begründete ihren Ruf als temperamentvolle Malerin von
Sinnlichkeit und farbenfrohen Bildern. Über die Grenzen des deutschsprachigen Raumes
hinaus bekannt wird sie mit ihrem Roman „Leidenschaft in Algier“ 1932, ein Roman über
eine österreichische Chemikerin in Algier, die sich einem Frauenheld körperlich hingibt,
trotz moralischer Abneigung. K.s Hauptfiguren waren meistens Frauen, sie gestaltete sie
zeitgemäß „fatale“ oder „fragile“, als „Neue Frau“ oder androgyn. Der Eros steht im Mittel-
punkt, die Frau in Beziehung zum Mann. Raynaud sieht A. K.s „Erotomanie“ als typische
literarische Mode, von der Jahrhundertwende herkommend, ebenso wie ihre Vorliebe für
Übergangszeiten oder Epochen der Dekadenz. Sie weist auf die Beziehung ihres Pathos und
mancher Symbole zum Expressionismus hin, der Beziehung zur Neuromantik.
Ab 1933 dürfen ihre Bücher in Deutschland nicht mehr verkauft werden, in Österreich,
angewiesen auf den deutschen Markt, nimmt ihr als Jüdin kein Verleger mehr ein Buch ab.
„Leidenschaft in Algier“ wird 1933 in Berlin verbrannt. Im Herbst 1933 klopft ein junger
Mann an ihre Tür, um Grüße von Bekannten aus Danzig zu überbringen. Es ist der Welt-
handelsstudent Oskar Tauschinski, 27 Jahre jünger als sie, aus Polen stammend. Sie gibt
ihm den Namen Jan, nach dem Jungen Jan in „Schibes“, und er wird die große Liebe ihres
Lebens. Ihm gewidmet sind die „Sonette für Jan“, die posthum erscheinen.
1938 wird ihr die Gemeindewohnung gekündigt. Verzweifelte Versuche der Ausreise schei-
tern. Sie muss oft das Quartier wechseln, am Schluss lebt sie in Untermietzimmer, zuletzt
in der Rögergasse 18 gemeinsam mit einer alten, verängstigten Frau in einer engen Kammer.
Sie schreibt dort 1941/42 ihren Roman „Der jugendliche Gott“, am Bettrand sitzend, ein
Brett auf den Knien, ohne die dafür bestimmte, jahrelang zusammengetragene Bibliothek.
Seit August 1941 kennzeichnen gelbe Sterne die Türen jüdischer Wohnungen, Tauschinski
hat als Arier keinen solchen Stern, er besucht sie oft, für beide ein großes Risiko. An den
Wochenenden geht sie, den gelben Stern versteckt hinter Handtasche und Manuskript, in
seine Wohnung und diktiert ihm den Roman. In der Nacht zum 22. Mai 1942 wird sie von
der Gestapo in ein Sammellager in der Sperlgasse im 2. Bezirk gebracht. Eine jüdische Ärz-
tin im Lager überbringt Tauschinski die restliche Handschrift des Romans und die letzten
Nachrichten: „Mein lieber Junge, ich schreibe Dir, nachdem ich mich heiß gewaschen und
auch ganz gut gegessen habe [ …]. Mein Herz, ich habe nur die Sorge, daß Du dich sorgst,
nicht schläfst, nicht issest! [ …] Ich höre Minsk! Grüße alle, die an mich denken, ich liebe
Euch alle, und danke Euch für alles. Ich vertraue auf Gott, der mich wunderbar stärkt! Mein
Junge, mein kleiner Junge – ich weiß …“ (Letzte Briefe an O. J. Tauschinski, Typoskript,
WStLB Hs). Am 27. Mai 1942 wurde sie in das Ghetto Minsk transportiert, danach gibt es
keine Nachricht mehr von ihr.
Vor ihrer Deportation 1942 vermacht A. ihren Nachlass durch Vereinbarungen mit Freunden
ihrem Freund Oskar Tauschinski. „ Jan“ erwirkt nach dem Krieg Veröffentlichungen und Aus-
stellungen, hält Vorträge und schreibt Artikel über sie, Hörspiele nach ihren Werken, die im
Österreichischen Rundfunk gesendet werden. Er stiftet den Alma-Johanna-König-Preis, der
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika