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Kurth1864
Kurth Betty, geb. Kris Bettina Dorothea, Ps. Vera; Kunsthistorikerin und Schriftstellerin
Geb. Wien, 5. 10. 1878
Gest. Turnbridge b. London, Großbritannien, 12. 11. 1948
Herkunft, Verwandtschaften: Tochter eines Wiener Anwalts; Cousin: Ernst Kris (1900 –1957),
Kunsthistoriker und Psychoanalytiker.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1904 Heirat mit dem Anwalt und Archäologen Peter Paul
Kurth († 1924); Tochter: Gertrud (1904 –1999), Psychoanalytikerin.
Ausbildungen: 1907 Reifeprüfung; ab 1904 außerordentliche Hörerin an der Universität
Wien, 1907–11 Studium der Kunstgeschichte und Klassischen Archäologie; erste Kunstge-
schichte-Studentin an der Universität Wien, Diss. 1911 („Ein Freskenzyklus im Adlerturm
zu Trient. Ersch. in: Jahrbuch des kunsthistorischen Institutes der k. k. Zentralkommission
für Denkmalpflege, V, 1911, S. 9 –104).
Laufbahn: B. K. thematisierte in ihrem unter Pseudonym veröffentlichten Buch „Eine für
Viele. Aus dem Tagebuche eines Mädchen“ (1900), die sexuellen Nöte und Sehnsüchte und
den Umgang eines jungen Mädchens mit der bürgerlichen Doppelmoral. Dieses Tagebuch
löste die sogenannte ‚Vera-Debatte‘ aus, im Zuge derer eine Reihe von Gegenschriften er-
schienen, es galt außerhalb und auch z. T. innerhalb der Frauenbewegung als Skandal und
erlebte in zwei Jahren sechs Auflagen.
Vor der Matura mehrere Jahre Sprachlehrerin (Deutsch, Französisch) in Weisers Sprach-
schule in der Wiedner Hauptstraße. Nach der Promotion Privatgelehrte und Dozentin an
Volkshochschulen. B. K. machte sich vor allem mit Forschungen auf dem Gebiete des Mit-
telalters/Gotik, im Speziellen gotische Tapisserien, einen Namen. Forschte in Österreich
und Großbritannien, wo sie ab 1939 lebte und über mittelalterliche englische Kunst arbei-
tete. Veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten.
Johannes Feichtinger (Feichtinger 2001, S. 411 f) beschreibt die schwierige Situation, in der
sich die mit Hilfe der Society for the Protection of Science and Learning aus Österreich
geflüchtete Kunsthistorikerin befand: „B. K. [ …] reiste im Mai 1939 ohne Chance auf eine
entgeltliche Beschäftigung nach England. Ihre Versorgung war vorerst von seiten Dritter ge-
sichert, und auch ihr Cousin Ernst W. Kris ließ ihr monatlich Taschengeld zukommen. Im
Jahr 1940 kam mit Hans Tietze, der sein Stipendium zurückzahlte, das ihm das Akademi-
kerhilfskomitee 1938 gewährt hatte, ein neuer Gönner hinzu: ‚She seems to be in utmost
financial difficulties after her escape from Vienna last year.’ Seit August 1940 gewährte das
Akademikerhilfskomitee Kurth auf dieser Basis ein einjähriges Stipendium. Seither verfasste
sie für amerikanische Zeitschriften Abhandlungen über Bildteppiche und Stickereien. Da-
bei verblieb sie ständig im Umfeld des Warburg Instituts (von dessen Direktor sie als ‚first
class scholar‘ unterstützt wurde). Beschäftigungsnischen, die ihr gesicherte Verhältnisse ein-
brachten, öffneten sich jedoch auch in der Folge nicht. Mitunter erhielt sie ein Honorar für
Expertisen und Taschengeld von ihrer Tochter. Später bearbeitete sie für Kost und Quartier
die Photographische Sammlung des Warburg Instituts. Seit 1941 war sie mit der Abfassung
eines schmalen Bändchens über christliche Stickereien des Mittelalters befasst, für dessen Ab-
schluss sie jedoch Jahre benötigte. Gertrud Bing beurteilte Kurths Perspektivenlosigkeit im
Jahr 1943 wie folgt: ‚Confidentially, she is a very difficult patient. I have the greatest misgivings
as to her future. As long as we are living in Denham she can be carried along, but she would be
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika