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Leodolter | L 1965
Humanprogramm der SPÖ; als besonderer Verdienst während ihrer Amtszeit wird die 1974
erfolgte Einführung des Mutter-Kind-Passes und die damit verbundene Erhöhung der Ge-
burtenbeihilfe erachtet; bis dahin war Österreich Schlusslicht in Bezug auf die Säuglings-
sterblichkeit in Westeuropa. Die Maßnahme bewirkte eine deutliche Senkung der Säug-
lingssterblichkeit und eine bessere Früherkennung von Krankheiten und Behinderungen.
I. L. führte 1974 die kostenlose medizinische Kontrolle für Frauen über 30 ein, die insbe-
sondere der Frühdiagnose von Brust- und Uteruskrebs diente, leitete eine Spitalsreform ein,
veränderte die Krankenpflegeausbildung, legte ein neues Lebensmittel- und Bäderhygiene-
gesetz vor und stellte 1978 eine Studie über die psychiatrische Versorgung Österreichs vor.
Sie leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes, wiewohl das Umweltressort
gegenüber den Gesundheitsagenden lange ein Schattendasein führte. I. L. wurde von ihren
Beamten hinter ihrem Rücken „Frau Primister“ genannt.
War als Regierungsmitglied umstritten, ihr waren politische Taktierereien und Winkelzüge
fremd; ihre Ministerkarriere verlief eher glücklos; immer wieder Kritik der Opposition, der
Medien als auch aus den eigenen Reihen ausgesetzt. In einer 1972 durchgeführten Umfrage
der Zeitschrift „Profil“ schnitt sie als unpopulärstes Regierungsmitglied des Kabinetts
ab; die Opposition forderte immer wieder ihren Rücktritt; man warf ihr u. a. mangelnde
Durchsetzungskraft, die Opposition auch die Verschwendung von Steuergeldern vor. Ihre
Beauftragung der „ARGE Kostenrechnung“, die mögliche Einsparungen in Krankenhäuser
untersuchte, setzte ihrer politischen Karriere 1979 ein Ende. Diese Auftragsvergabe wurde
vom Rechnungshof kritisiert und schlug medial wochenlang Wellen. Nachdem sich Bundes-
kanzler Kreisky öffentlich kritisch über I. L. geäußert hatte („Sie ist ein lieber Kerl, aber kein
Minister.“), trat sie im Oktober 1979 von ihrem Amt zurück. Anschließend Rückkehr ins
Sophienspital als Chefärztin/Primaria; Pensionierung 1985.
Als Internistin publizierte sie rund 50 wissenschaftliche Arbeiten.
Ausz.: I. L. erhielt den Theodor-Körner-Preis, den Karl-Renner-Preis, 1974 das Große Goldene
Ehrenzeichen am Bande der Republik Österreich, 1978 das Große Ehrenzeichen der Ärzte-
kammer für Wien, 1982 Großes Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien; Präsidentin des
Österreichischen Krebsforschungsinstituts; Präsidentin des Arbeiter- und Samariterbundes
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappen) der Wien-Bibliothek.
L.: Ackerl/Weissensteiner 1992, Amtskalender, Czeike Bd. 4, 2004, Weiß/Federspiel 1988,
Der Spiegel (1972): Österreich. Ein Schmuckkasterl, Nr. 51, 11. 12. 1972, http://www.
spiegel.de/spiegel/print/d-42762676.html, Der Spiegel (1973): Österreich. Kandidat im
Bad, Nr. 6, 5. 2. 1973, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42675575.html, Der Spiegel
(1977): Personalien. Ingrid Leodolter, Karl-Gunther von Hase, John Eisenhower, Elizabeth
II. Königin von England, Jürgen Wohlrabe, Richard M. Dixon, Nr. 28, 4. 7. 1977, http://
www.spiegel.de/spiegel/print/d-40830758.html, Lexikon der Wiener Sozialdemokra-
tie (2005), hg. von der SPÖ, www.dasrote-wien.at, 20. 8. 2012, Gedenkbuch für die Opfer
des Nationalsozialis
mus an der Universität Wien 1938: Ingrid Leodolter (geb. Zechner),
http://gedenkbuch.univie.ac.at/, Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der
Universität Wien 1938: Hildegund Zechner (verh. Kothbauer ab 1939) http://gedenkbuch.
univie.ac.at/, Zugriff: 20. 8. 2012, Homepage von Dr. Michael Leodolter: Lebenslauf, http://
www.psychiatrie-leodolter.at/de/lebenslauf /, Medizinische Universität Wien: Surgical
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika