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Mayer-Pitsch | M 2195
Edith Dorothea, verh. Reinitzer (geb. 22. 11. 1911 in Wien, gestorben am 4. 12. 1998 in
Graz); Dr.phil. Erich Ludwig Maria (geb. 16. 11. 1913 in Wien, gestorben 1992 in Graz).
Ausbildungen: Matura als Externistin 1905. Promotion zum Doktor der Philosophie am
10. Juli 1909 im Großen Festsaale der k. k. Universität zu Wien; Wohnsitz zu dieser Zeit in
Wien 1, Schottenbastei 7.
Der im Maturazeugnis erwähnte Passus, wonach die „Reife zum Besuche einer Universität
(soweit dieser nach den bestehenden Vorschriften den Frauen gestattet ist …)“ machte es
G. M.-P. unmöglich das von ihr gewünschte Studium der Paläontologie und Geologie zu
ergreifen. Das Mitgehen auf Exkursionen von Studentinnen mit einem nur knöchel- statt
bodenlangen Kleid war damals unvorstellbar, weil dieser Anblick jungen Kommilitonen
nicht zugemutet werden konnte. So entschloss sich G. M.-P. Germanistik und Romanistik
zu studieren. Nach acht Semestern beendete sie das Studium erfolgreich und wurde als eine
der ersten Frauen zum Doktor der Philosophie promoviert.
Laufbahn: Während des Studiums lernte G. M.-P. ihren späteren Mann kennen, der dieselben
Fächer studierte. Die Familie Dr. G. und Dr. Moriz Mayer wohnte mit ihren zwei Kindern
in Wien, wo auch die Eltern beider lebten. Dr. Moriz Mayer unterrichtete zunächst an ei-
nem Gymnasium in Wien, musste aber wegen einer Lungenerkrankung die Stadt verlassen.
Die Familie übersiedelte nach Knittelfeld in der Steiermark, wo die beiden Kinder erst die
Volksschule und dann auch die Mittelschule besuchten, in der ihr Vater unterrichtete. Das
Ehepaar beschäftigte sich viel mit klassischer Literatur; zu Hause fanden für den Freundes-
und Kollegenkreis literarische Lesungen und Diskussionsrunden statt. Darüber hinaus be-
gann G. M.-P. bei langen gemeinsamen Wanderungen in der Umgebung von Knittelfeld mit
volkskundlichen Forschungen, die sie später in die Obersteiermark und nach Kärnten führten.
Viele Publikationen entstanden in dieser Zeit, die unter dem Doppelnamen Dr. G. M.-P. in
volks- und heimatkundlichen Zeitschriften des deutschen Sprachraums erschienen.
Nach der Matura der beiden Kinder in Knittelfeld übersiedelte die ganze Familie nach
Graz: Moriz erhielt eine Stelle am Pestalozzi-Realgymnasium, die Kinder studierten an
der Universität Graz (Erich: Chemie, Edith: Geographie und Sport) und G. M.-P. besuchte
ebenfalls Vorlesungen an der philosophischen Fakultät. Sehr bald pflegte sie regelmäßigen
wissenschaftlichen Austausch mit Prof. Viktor v. Geramb. Ihre wissenschaftlichen Tätigkei-
ten fanden ein jähes Ende durch Scheidung, Kriegsbeginn und mehrmalige Umquartierun-
gen nach Vorau, Liezen und Niederöblarn mit ihrer Tochter und deren vier Kindern.
Nach Kriegsende kehrte die Familie zurück nach Graz. Die Wohnung von G. M.-P. war
besetzt, doch bekam sie diese als Nicht-Parteimitglied bald wieder zurück. Es sei hier aus-
drücklich erwähnt, dass sie aus ihrer Abneigung gegen den Nationalsozialismus und speziell
gegenüber der Person von Adolf Hitler Verwandten und Bekannten gegenüber nie ein Hehl
machte, obwohl sie damit recht alleine dastand.
Ab 1952 bis zum Tod im Oktober 1968 wohnte ihre Enkelin Sigrid bei ihr. G. M.-P. konnte
ihren Enkelkindern bei Krankheiten in wunderbarer Weise stundenlang Geschichten vor-
lesen, später in der Schule sie bei allen Lateinarbeiten unterstützen, literarische Texte ge-
meinsam mit ihnen besprechen, sie konnte erzählen und zuhören. Fließend las sie nicht nur
jede deutschsprachige Literatur sondern auch lateinische, englische und französische Texte
und den interessierten Enkelkindern berichtete sie daraus. Ihren sechs Enkelkindern war sie
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika