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Mayr | M 2199
Mayr Elisabeth, verh. Reitter; Köchin
Geb. ?
Gest. ?
E. war in 1. Ehe mit dem herrschaftlichen Kammerlakaien Wilhelm Reitter verheiratet. Nach
dessen Tod heiratete sie den Diener Anton Mayr. Aus den beiden Ehen stammten fünf Kinder.
Auf Grund ihrer finanziellen Probleme (ihr Mann verdiente zu wenig) kochte sie für La-
kaien aus ihrem Bekanntenkreis und wurde deshalb wegen unlauterer Konkurrenz 1772
von den Wirten beim Magistrat der Stadt Wien angezeigt. Trotz ihrer Rechtfertigung, ihre
Kinder erhalten zu müssen, zumal sie und ihr Mann nichts anderes gelernt hätten als er zu
bedienen und sie zu kochen, wurde ihr das weitere Auskochen untersagt (es herrschte die
Auffassung, verheiratete Frauen sollten vom Mann versorgt werden und den Zunftbürgern
nicht Konkurrenz machen).
L.: Kretschmer 2000 Edith Stumpf-Fischer
Mayr Elisabeth, geb. Peditt, verw. Hinterlechner; Bäuerin und Gegnerin des NS-Regimes
Geb. Sistrans, Tirol, 19. 11. 1873
Gest. ?
Mutter: Nothburga Peditt, geb. Triendl, gest. 1880; Vater: Simon Peditt gest. 1911. Ehemän-
ner: Georg Hinterlechner, Bauer gest. 1906; Peter Mayr, Bauer.
E. M. wird am 19. November 1873 in Sistrans geboren, wo sie auch die Volksschule besuchte.
Sie war auf verschiedenen Bauernhöfen als Magd tätig. 1896 heiratete sie den Bauern Georg
Hinterlechner, der 1906 verstarb. Ab 1909 ist sie mit Peter Mayr verheiratet. Er ist nach
ihren Angaben völlig erblindet und arbeitsunfähig. E. M. versorgt den kleinen Bauernhof
gemeinsam mit drei ihrer insgesamt sechs Kinder. Sie ist nach eigenen Angaben politisch
uninteressiert und Trägerin des Mutterkreuzes. E. M. wird am 15. Jänner beim Gendarme-
rieposten Lans angezeigt, weil sie am 12. Jänner 1940 „schwer beleidigende Äußerungen ge-
gen den Führer und die Partei“ getätigt habe. Laut Aussage der Zeuginnen Martha Dovjak
und Maria Prock sei die Familie Mayr dem nationalsozialistischen Staat gegenüber feind-
lich gesinnt, die Beschuldigte darüber hinaus Alkoholikerin. E. M. habe gegenüber den bei-
den Zeuginnen gesagt: „Hitler hat Österreich und das Sudetenland, das Memelgebiet u.s.w.
geschenkt erhalten, der Sauhund, er war der gemeinste Soldat, er hat keine Auszeichnung
verdient, wenn er beim Anschlage in München zugrunde gegangen wäre, dann hätten wir
jetzt Ruh! In der Festungshaft hat er Zeit gehabt, seine ganzen Lumpereien auszudenken,
der Fackengrind und Sauhund. Die Nationalsozialisten sind alles Kommunisten.“
E. M. wird am 2. Februar 1940 von der Gestapo Innsbruck verhört und gesteht die von ihr
gemachten Äußerungen ein, gibt aber zu bedenken, dass sie unter Alkoholeinfluss stand und
krank war. Am 2. April 1940 wird sie in der Anklageschrift vom Oberstaatsanwalt beim
Landgericht Innsbruck beschuldigt, dass sie Handlungen, bei denen durch Anwendungen
von Sprengstoffen Gefahr für das Leben anderer herbeigeführt worden ist, zu rechtfertigen
versucht habe und „damit gleichzeitig böswillige, gehässige und von niedriger Gesinnung
zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates und der NSDAP gemacht
zu haben, die geeignet sind das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben,
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika