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Mraz Hilde, geb. Beintinger, Decknamen: Hilda Karasewa, Margarete Buchgraber;
Widerstandskämpferin und Angestellte
Geb. Wien, 5. 9. 1911
Gest. Wien, 30. 3. 1997
H. M. wurde am 5. September 1911 in Wien-Siebenhirten als älteste von drei Töchtern einer
Arbeiterfamilie geboren. Nach der Volks- und Bürgerschule besuchte sie die Handelsakade-
mie, an der sie im Jahr 1930 die Matura ablegte. In den Jahren 1932 und 1933 war sie zeitwei-
se als Statistikerin an der Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle beschäftigt. Bereits
1928 hatte sie sich dem Verband der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) angeschlossen,
in dessen Meidlinger Sektion sie als Mitglied der Bezirksleitung und Bildungsfunktionä-
rin tätig war. Etwa 1931 trat sie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. Während
der Februarkämpfe 1934 half sie bei der Verteilung von Waffen und der Herstellung von
Nachrichtenverbindungen zwischen den einzelnen Wiener Bezirken. Zusammen mit ih-
rem späteren Ehemann, dem Schriftsetzer und Schutzbündler Lorenz Mraz (geb. 1908),
der an den Februarkämpfen in Meidling beteiligt war, emigrierte sie anschließend in die
Tschechoslowakei. Von dort aus gelangten die beiden mit dem ersten Schutzbundtransport
im April 1934 in die Sowjetunion. H. M. arbeitete zunächst als Maschinensetzerlehrling in
einer Moskauer Druckerei, musste diese Tätigkeit aber aus gesundheitlichen Gründen auf-
geben. Im Dezember 1934 wechselte sie ans Marx-Engels-Institut, wo sie bis Anfang 1939
als wissenschaftliche Hilfskraft beschäftigt war. Bis zu deren Auflösung im Frühjahr 1936
belegte sie einen Abendkurs an der Kaderschule „Kommunistische Universität der nationa-
len Minderheiten des Westens“ (KUNMS). In den Jahren 1938 und 1939 war sie Sprecherin
beim deutschsprachigen Auslandsradio. Im Frühjahr 1940 arbeitete sie als Bibliothekarin in
der Historischen Bibliothek, anschließend beim Internationalen Agrarinstitut. Im selben
Jahr erwarb das Ehepaar Mraz die sowjetische Staatsbürgerschaft. Neben ihrer beruflichen
Tätigkeit beteiligte sich H. M., die seit 1934 der KPÖ angehörte, rege am kollektiven Leben
der österreichischen Emigranten. Als Vertrauensfrau im Schutzbundhaus, wo sie seit 1936
lebte, leistete sie politische Arbeit unter den Frauen jener Schutzbündler, die, wie Lorenz
Mraz, als Interbrigadisten an der spanischen Bürgerkriegsfront kämpften.
1941, nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion, wurden H. und Lo-
renz Mraz als Funk- und Fallschirmagenten der Roten Armee angeworben. Nach Absol-
vierung einer einschlägigen Ausbildung, zu der auch Funken und Chiffrieren zählte, wurde
H. M. im August 1943 zu ihrem Einsatz abkommandiert. Gemeinsam mit der österreichi-
schen Politemigrantin Aloisia Soucek sprang sie über polnischem Territorium ab, von wo die
beiden Frauen nach Wien gelangten und mit ihrem Kontaktmann Gregor Kersche zusam-
mentrafen. Auftrag der Funk- und Fallschirmagenten war, Nachrichten über die militärische
und wirtschaftliche Lage nach Moskau zu übermitteln, Verbindungen zum Widerstand her-
zustellen sowie gegebenenfalls neue Widerstandsgruppen aufzubauen. Anfang Jänner 1944
flog die Gruppe Kersche-Mraz-Soucek auf und sämtliche Mitglieder wurden verhaftet. Unter
dem Druck der Folter erklärten sie sich bereit, im Rahmen der deutschen Gegenspionage mit
der Gestapo zusammenzuarbeiten. Dabei wurden sie zu so genannten „Funkspielen“, d.h. zur
Übermittlung fingierter Nachrichten zur Desinformation des Gegners, gezwungen. Als die
Wachmannschaft der Gestapo im April 1945 vor der heranrückenden Roten Armee geflohen
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika