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Mraz-Mistinger | M 2311
war, nahmen H. M. und Aloisia Soucek umgehend Kontakt mit den Befreiern auf. Sie wurden
nach Moskau gebracht, nicht ahnend, dass man sie, als NS-Kollaborateurinnen taxiert, in Haft
nehmen und wegen Hochverrats anklagen würde. Am 28. August 1945 wurde H. M. von der
Sonderberatung des NKWD (Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten) zu acht Jahren
Freiheitsentzug verurteilt. Gemeinsam mit der ebenfalls verurteilten Aloisia Soucek wurde sie
nach Workuta im hohen Norden der UdSSR deportiert, wo sie in verschiedenen GULags in
der Land- und Forstwirtschaft sowie in einem Steinbruch Zwangsarbeit leistete. Nach Ver-
büßung der Lagerhaft (1953) lebte sie in Kasachstan in Verbannung. Sie arbeitete zunächst in
einem Fleischkolchos, danach war sie in einem Ärztehaushalt als Kinderfrau beschäftigt. Mit
Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets wurde die Verbannung 1955 aufgehoben.
Im Dezember 1956 konnte H. M. nach Österreich zurückkehren. 1965 wurde das gegen sie
eingeleitete Hochverratsverfahren offiziell eingestellt und sie somit rehabilitiert. Bis zu ihrer
Pensionierung arbeitete sie im Vertrieb des Globus-Verlages der KPÖ. Über das Schicksal
ihres Mannes, der 1942 während eines Einsatzes als Fallschirmagent mit dem Flugzeug über
Deutschland abgeschossen und ums Leben gekommen war, erhielt sie erst spät endgültige
Gewissheit. Sie starb 1997 in Wien.
Qu.: RGASPI, Kaderakte H. M. 495/187/1178; Auskunft Alfred Klahr Gesellschaft; MA 61,
Zentralkartothek der Wiener Standesämter.
L.: Schafranek 1996, Spira 1990, Tidl 1991, McLoughlin/Vogl 2013 Christine Kanzler
Mraz-Mistinger Paula, geb. Mraz, Mistinger-Mraz, Anna Mader (Deckname);
Parteifunktionärin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 9. 4. 1907
Gest. Wien, 21. 5. 1935
Herkunft, Verwandtschaften: Stammte aus einer Arbeiterfamilie; Mutter: Hermine; Vater:
Martin.
Laufbahn: Beamtin; Funktionärin der SAJ, führend an der Organisation des Internationa-
len Sozialistischen Jugendtreffens 1929 beteiligt, auf dem Verbandstag in Eisenstadt von
19.–21. 4. 1930 zum Vorstandsmitglied gewählt; Mitglied des Reichsbildungsausschusses;
Mädchenvereinigung im Verband der SAJ; Angestellte des sozialdemokratischen Parteise-
kretariats, Sekretärin von Otto Felix Kanitz, Vorsitzende des sozialdemokratischen Frauen-
komitees in Wien-Fünfhaus. Angestellte des Auslandsbüros der österreichischen Sozialisten
(ALÖS); RS-Aktivistin, entrann der Verhaftungswelle im Jänner 1935 durch Flucht nach
Brünn; kehrte im Auftrag Otto Bauers unter falschem Namen nach Wien zurück, um den
Vertriebsapparat der Arbeiter-Zeitung neu aufzubauen, starb 1935 an septischer Angina, da
sie erst viel zu spät unter falschem Namen ins Spital kam.
Ausz.: Die 1928/29 nach Plänen von Oskar Unger errichtete Wohnhausanlage in Wien 15.,
Fünfhausgasse 10–12 wurde 1950 Paula-Mistinger-Mraz-Hof benannt.
Qu.: IfZ Wien, Tagblattarchiv (Personenmappe).
L.: BLÖF, Buttinger 1972, Holtmann 1978, Kykal 1968, Neugebauer 1966, Sporrer 1983,
Weinzierl 1975, www.dasrotewien.at
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 2, I – O
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 2, I – O
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1026
- Category
- Lexika