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Paula | P 2477
Aufenthalt möglichst angenehm zu gestalten. Die Markgräfin ihrerseits war sehr darum
bemüht, ein standesgemäßes Leben für ihre Tochter nach allen Seiten hin abzusichern und
verhandelte aus diesem Grund, wenngleich vergeblich, mit dem Dogen von Venedig über
die Rückgabe von Latisana an den Görzer Grafen. Desgleichen versuchte sie, bei Kaiser
Friedrich zu erreichen, dass dieser die oberkärntnerischen Gebiete zurückgebe. Die politi-
sche Motivation dieser Verbindung lag für Leonhard in der Beziehung zu einer oberitalie-
nischen Macht, die ihn gegenüber Venedig stärken sollte. Ein nicht unwesentlicher Faktor
war auch die zu erwartende umfangreiche Mitgift.
Die Ehe stand unter keinem besonders guten Stern. Der für Oktober 1477 vereinbar-
te Hochzeitstermin wurde vom Görzer Grafen mehrfach verschoben, bis schließlich am
15. November nach einer gerade überstandenen schweren Krankheit P.s und unmittelbar
nach dem Tod ihres Vaters Ludovico die Hochzeit in Bozen gemäß dem Wunsch Herzog
Siegmunds von Österreich-Tirol (reg. 1446–1490; †1496) groß gefeiert wurde. P. war von
ihrer Familie mit einem repräsentativen Brautschatz in der vereinbarten Höhe ausgestattet
worden, der aus kostbaren Juwelen, Kleidung, Stoffen, Bett- und Tischleinen, Silbergeschirr,
einem Flügelaltar für die Kapelle, einem elfenbeinernen Schachbrett, kostbaren Truhen,
vierzehn Büchern und vielem anderen mehr bestand (Inventarliste vom 5. November 1578,
Innsbruck, Tiroler Landesarchiv, Inventar A 202/8), und auch die festgelegte Summe der
Mitgift brachte sie mit, jedoch in einer für Leonhard unbrauchbaren Währung, sodass er sie
zum Umtausch zurückschicken ließ. Bereits am Tag nach der Hochzeit erlitt die von Heim-
weh geplagte P. wieder einen ihrer Anfälle, sodass der feierliche Hochzeitszug nach Lienz
in die Residenz des Paares sich um mehr als zwei Wochen verzögerte.
Mit ihrer Heirat wechselte P. an einen Fürstenhof, der organisatorisch und kulturell weit
hinter dem kunstsinnigen und humanistisch geprägten Hof in Mantua zurückstand. An der
Seite des um zwanzig Jahre älteren Leonhard, dem auch grobes Wesen nachgesagt wurde,
war das Leben für die kränkelnde und sicherlich verwöhnte P. eine große Belastung. P. hatte
durchgesetzt, dass sie ihre italienische Dienerschaft behalten konnte, obgleich diese einen
ständigen Konfliktherd bot. Im August 1479 brachte sie in einer Frühgeburt ein nicht le-
bensfähiges Mädchen zur Welt, was bei P. eine tiefe Krise, begleitet von Krankheitsschüben,
auslöste. Auf dem Altarflügel eines unbekannten Meisters aus der „Görzischen Kapelle“ der
Lienzer Pfarrkirche St. Andrä (heute Lienz, Museum der Stadt Lienz, Schloss Bruck, In-
ventarnummer 9, 1), gestiftet von Maximilian I. zum Gedächtnis an das letzte landesfürst-
liche Paar aus dem Haus Görz, das er 1500 beerbte, sind Leonhard und P. mit der früh
verstorbenen Tochter dargestellt (Abb.: Katalog, circa 1500, Abate u.a. 2000, S. 83, Nn. 69
und 70). Weitere Kinder blieben ihr versagt.
Durch die verzögerte Auszahlung der Mitgift – ein Problem, das sich durch ihr ganzes
Leben ziehen sollte –, war das Verhältnis der Ehegatten zueinander zahlreichen Spannun-
gen ausgesetzt. Der Tod der Mutter 1481, mit der sie ein inniges Verhältnis verband, muss
für P. einen tiefen Einschnitt bedeutet haben. Mit ihr hatte sie ihre größte Fürsprecherin
bei ihrem Bruder wegen Mitgift verloren. Solange diese nicht vollständig ausbezahlt war,
wollte Leonhard P. finanziell nicht absichern, was wiederum für P. eine untragbare Situation
darstellte. Unklar ist zudem, ob P. von Leonhard ausreichend finanziell versorgt wurde, und
ob sie über ihre Morgengabe bereits zu Lebzeiten Leonhards frei verfügen konnte. Mit der
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika