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der Arbeiterinnen sprach und damit großes Aufsehen erregte. 1889 wurde sie Mitglied des
Wiener Arbeiterinnen-Bildungsvereins. Führende Sozialisten begannen sich für sie zu in-
teressieren, u. a. Reumann, Engels, Bebel und Viktor Adler, dessen Frau Emma ihr Sprach-
und Rechtschreibunterricht gab. Im Oktober 1892 wurde sie Redakteurin der sozial-
demokratischen „Arbeiterinnen-Zeitung“. 1893 organisierte sie einen Frauenstreik mit, in
dem Textilarbeiterinnen die Verringerung des 12-Stunden-Tages auf 10 Stunden verlangten.
1893 Mitgründerin des Lese- und Diskutierklubs Libertas, Vorstand des Bildungsvereins
Wien-Meidling, etwas später des Arbeiter-Bildungsvereins von Wien-Rudolfsheim. Ge-
meinsam mit Charlotte Pohl-Glas und Amalie Ryba Organisation der ersten sozialdemo-
kratischen Frauenversammlung. Im August 1893 anlässlich einer Gewerbeenquete erstmals
Rede im Parlament; ab 1893 Vertretung der österreichischen Sozialdemokratinnen auf den
Tagungen der Sozialistischen Internationale. 1902 gründete A. P. gemeinsam mit anderen
den Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. 1904 –1933 Mitglied des Parteivor-
standes; 1898–1934 Vorsitzende des sozialistischen Frauenreichskomitees, 1901 Vorstand
des Vereins der Heimarbeiterinnen von Wien-Ottakring, 1918 –23 Mitglied des Wiener
Gemeinderates. 1919 –1934 österreichische Parlamentsabgeordnete. 1933 schied A. P. aus
gesundheitlichen Gründen aus dem sozialdemokratischen Parteivorstand aus. Während des
Aufstands des Republikanischen Schutzbundes im Februar 1934 befand sich A. P. im Spital
und entging so der Verhaftung. Ab 1934 lebte sie zurückgezogen in Wien.
A. P. war eine der wichtigsten Wegbereiterinnen der sozialdemokratischen Frauenbewegung.
A. P. war als energische, begabte und sehr beliebte Agitatorin bekannt. Sie forderte bereits
am Parteitag 1896 eine Form der Quotenregelung, 1899 verlangte sie, pro Wahlkreis eine
Delegierte für die Parteitage aufzustellen. Das obligatorische Delegierungsrecht von Frauen
wurde 1912 beschlossen. Sie war maßgeblich an der Vorbereitung der Frauen-Reichskon-
ferenz 1898 beteiligt. Am Parteitag 1899 in Brünn referierte sie zur „Frauenbewegung“ und
1909 in Reichenberg zum Punkt „Sozialversicherung“. Auf der Konferenz der Sozialisti-
schen Fraueninternationale 1910 in Kopenhagen war sie maßgeblich am Zustandekommen
des Beschlusses beteiligt, jährlich einen Internationalen Frauentag abzuhalten. Nach dem
Ersten Weltkrieg bemühte sie sich um die Wiederbelebung der Fraueninternationale. Im
Parlament war A. P. vor allem bei den Gesetzesvorlagen zu Frauenthemen, die die SDAP
einbrachte, federführend beteiligt: von der Eherechtsreform über die Liberalisierung der
Abtreibungsparagraphen bis zur lohnmäßigen Gleichstellung. Darüber hinaus beantragte
sie u. a. das Hausgehilfengesetz vom 26. 2. 1920 samt Novelle vom 26. 3. 1926 (Abschaffung
der Dienstbotenordnung von 1808), ebenso aktiv auf dem Gebiet des Familienrechts und
des Strafgesetzes (hier Gesetzesvorlage zur Milderung der § 144 bis 148). Ihre zahlreichen
Publikationen und vor allem ihre autobiographische Schrift „Jugend einer Arbeiterin“, die
1909 erschien und in viele Sprachen übersetzt wurde, machten A. P. zur populärsten Sozial-
demokratin der ersten Politikerinnengeneration in Österreich.
Ausz.: Die offizielle Feier für ihren 65. Geburtstag am 25. Jänner 1934 war die letzte legale
Großveranstaltung der Sozialdemokratie in Österreich bis 1945. Seit dem 6. März 1949
trägt ein Wiener Gemeindebau den Namen: Adelheid Popp-Hof. Verkehrsflächenbenen-
nungen: 1992 Adelheid-Popp-Weg in Linz, 2011 Adelheid-Popp-Park in 1170 Wien.
Qu.: IfZ Wien, Nachlass Motzko; Tagblattarchiv (Personenmappe). Aus vergangenen Ta-
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Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika