Page - 2593 - in biografiA. - Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Image of the Page - 2593 -
Text of the Page - 2593 -
Prandtauerin | P 2593
tin. Schlagartig änderte sich dieses anstrengende, aber gesicherte Leben, als im Jahr 1653 der
Bettler Gregor Heyser vor dem Bannrichter Johann Andreas Barth in St. Lambrecht/Ober-
steiermark aussagte, dass bei einer Zusammenkunft mit dem Teufel auf dem Schöckl bei Graz
auch die P. vermummt teilgenommen hätte. Heyer gab zwar zu, dass ihm die Frau vorher nicht
bekannt gewesen wäre, erklärte aber, dass seine Freunde ihren Namen genannt hätten. Sie sag-
ten ihm auch, dass die Wirtin im Gesicht „schon etwas runzlig“ und für eine Frau „gar zu gross“
wäre. Weshalb der Bettler einen Menschen denunzierte, verwundert nicht, denn er sagte dies
unter der zweiten Folter aus und drei waren unter der damaligen Gesetzgebung erlaubt. Man
nannte dies „peinliches Verhör“ und endete zumeist mit Verkrüppelungen. Weshalb er aber
gerade die P. „angab“ (denunzierte), geht aus den Gerichtsakten nicht hervor. Der Bannrichter
aber könnte sie gekannt haben, denn er lebte zeitweilig in Graz und kannte mit Sicherheit
das Gasthaus, das gerne von höher gestellten Personen der Stadt besucht wurde. Vier Jahre
später fand der Kapfenberger Zaubereiprozess statt, in dem der Vorwurf gegen den Richter
erhoben wurde, er hätte bei der Folter damals den Namen der P. suggestiv ins Spiel gebracht.
Erst danach hatte der Bettler Heyser die P. als Hexe „angegeben“. Warum der Bannrichter den
Namen der Frau überhaupt zur Sprache brachte, wissen wir nicht. Anscheinend reichten aber
damals die Hinweise nicht, um eine Verfolgung der Wirtin in die Wege zu leiten. Der Bettler
aber und zwei seiner Freunde wurden 1653 als angebliche Zauberer von dem Richter zum Tod
verurteilt und hingerichtet. 1857 wurde in einem Zaubereiprozess ein Bettler vom Bannrichter
Barth verhört. Auch er sagte unter dem peinlichen Verhör aus, dass die P. bei einer Zusam-
menkunft mit dem Teufel dabei gewesen wäre. Diesmal war die Aussage ein Anlass, dass der
Grazer Magistrat dem Befehl, die P. und zwei Mitangeklagte nach Kapfenberg zum Verhör
zu bringen, nachkam. Die Ursache dafür war die Suche nach Sündenböcken für ein Unwetter
in Graz und im Grazer Feld im August des Jahres, das einige schwere Schäden anrichtete.
Die Menschen waren überzeugt, dass Zauberer dafür verantwortlich sein müssten, da „[…]
sich unter den Hagelkörnern auch ‚wundersame Steine‘ in Form von Totenköpfen und andere
merkwürdige Objekte befunden hätten“ (Valentinitsch, S. 55). Der Präsident des inneröster-
reichischen Geheimen Rates, der Bischof von Seckau, war nun der Meinung, dass man gegen
das immer mehr um sich greifende Verbrechen der Zauberei gezielter vorgehen sollte und
forderte den Bannrichter zu verschärftem Vorgehen auf. Dabei kam es wieder unter anderen
zur Nennung des Prandtauerischen Namens unter der Folter. Der Magistrat von Graz woll-
te A. S. P. sofort verhaften. Aber die Frau hatte glücklicherweise einen loyalen Ehemann. Er
intervenierte und erreichte, dass seine Frau zwei Advokaten als Beistände vor Gericht bekam.
Diese Rechtsberater verteidigten die Rechte ihrer Mandantin sehr vehement und klug. Zur
Überraschung des Richters widerrief der Bettler unter der dritten Folter seine Aussagen. Der
Richter unternahm einige Anstrengungen, um das Verfahren weiterzutreiben, was ihm nicht
gelang. Zweifellos spielten dabei die Interventionen des Anhangs der P. eine wichtige Rolle.
Auch Bestechung einzelner maßgeblicher Persönlichkeiten sowie Meinungsverschiedenhei-
ten innerhalb der Behörden über das weitere Vorgehen lassen sich nicht ausschließen. Sicher
ist nur die plötzliche Einstellung der Untersuchungen durch die Grazer Behörden.
L.: Valentinitsch 1986, Wisselinck 1986, Wieser, Ilse: Susanna Anna Prandtauerin. In:
http://woment.at
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika