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Purst-Hutter2620
Aber auch in Mähren war die Täufergemeinde in eine tiefe Krise geraten und von der Auf-
lösung betroffen. Um der Verfolgung und Gefangennahme zu entgehen, brachen Jakob und
K. zusammen mit dem Mitbruder, dem Schulmeister Hieronymus (Jeronimus) Käls, nach
Tirol auf.
Um den 25. Juli 1535, dem Tag des Apostels Jakobus, tauft Jakob Hutter wieder im Puster-
tal. Die Regierung geriet auf die Nachricht, dass Hutter wieder im Land sei, in Panik, wie
verschiedene Sendschreiben zeigen. Bei einem Treffen in Taufers wurde offenkundig, dass
Jakob und K. H. nicht länger bleiben konnten, zumal das Vorgehen gegen die TäuferInnen
sehr verschärft worden ist. So zogen sie weiter auf der Suche nach Unterkunft nach Elln, in
der Nähe von Sankt Lorenz und Bruneck, wo ihnen ein einstiger Mitbruder die Aufnah-
me verweigerte. Schließlich fanden sie Unterschlupf in Hörschwang bei dem befreundeten
Hans Ober. Trotz der ständig lauernden Gefahr predigte und taufte Hutter in Hörschwang,
auch Hans Ober und seine Familie sowie sein Gesinde ließen sich taufen.
Mittlerweile wurden die Vorbereitungen, Jakob Hutter gefangen zu nehmen, verstärkt. Die
Hutters zogen von Hörschwang aus mehrmals nach Lüsen, aber auch nach Sterzing und
Trins. Es wurde immer schwieriger, den Häschern zu entkommen und auch zwischen Feind
und Freund zu unterscheiden. Schließlich brachen sie in der Nacht in Begleitung von Anna
Stainer, einer jungen Frau, nach Klausen auf. Diese Reise war der letzte Weg, den Jakob und
K. H. gemeinsam gingen. In Gufidaun, als sie zunächst versuchten, im Mesnerhaus Zuflucht
zu finden, und dann Richtung Villnöß, wurden die drei am 30. November 1535 verhaftet
und auf die Burg Branzoll oberhalb von Klausen gebracht. Jakob Hutter als Anführer der
TäuferInnenbewegung wurde später nach Innsbruck gebracht, grausam gefoltert und An-
fang Februar 1536 bei lebendigem Leib verbrannt.
K. H. und Anna Stainer wurden in Gufidaun, wohin sie mittlerweile gebracht wurden, zahl-
reichen Verhören in Bezug auf ihren Glauben unterzogen. K. versuchte erst gar nicht, ihren
Glauben zu leugnen, vielmehr drückte sie in ziemlich harschen Worten ihre Meinung über
die katholische Religion aus. Da K. 1533 schon einmal widerrufen hatte, sich aber wieder
der TäuferInnenbewegung angeschlossen hatte, galt sie als relapsi, worauf im Allgemeinen
die Todesstrafe stand. Aus unerklärlichen Gründen bekam sie eine zweite Chance, indem
verschiedene Versuche unternommen wurden, sie zu bekehren. Mit eindrucksvoller Hart-
näckigkeit blieb sie dieses Mal ihrem Glauben treu. Wahrscheinlich war auch fremde Hilfe
mit im Spiel, da es ihr gelang, Ende April 1536 aus dem Gefängnis auszubrechen. Oder das
Verlassen des Gefängnisses steht mit ihrer Schwangerschaft in Zusammenhang, da sie laut
einer Quelle zum Zeitpunkt ihrer Gefangennahme schwanger gewesen sein soll. Jedoch
wird nirgends ihre Niederkunft erwähnt. Unbekannt ist auch, wohin sie sich begeben hatte.
Beinahe zwei Jahre gelang es ihr, unbehelligt zu bleiben. Als sie nun 1538 in Schöneck nahe
Bruneck aufgegriffen wurde, gab es kein Pardon mehr, und sie wurde sofort hingerichtet.
L.: Fast 1986, Lichdi 1996, Loserth 1937b, Mecenseffy/Schmelzer 1983, Packull 2000, Pattis
2007, Schmelzer 1989
Ingrid Roitner
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika