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Raffelsberger | R 2641
von den Nationalsozialisten ermordet worden. Im Nachkriegspolen ist sie, vermutlich nach
Abschluss ihrer Schulausbildung, als Funktionärin des kommunistischen Jugendverbandes
in ŁÓdź und für die Jugendzeitung „Standar Mlodych“ tätig, später ist sie Vizechefredak-
teurin von „Do okola Swiata“. Daneben studiert sie Polinistik. Im Jahr 1954 heiratet sie
Viktor Niutek Radzyner (* 1930 in ŁÓdź). Im selben Jahr kommt ihre Tochter Joana (Asia)
zur Welt, 1957 dann Olga. Als der Antisemitismus in Polen immer stärker zunimmt, stellt
das Ehepaar 1957 den Ausreiseantrag. T. R. darf als Jüdin nicht mehr in der Partei aufrü-
cken; sie arbeitet in einer Fabrik, in der Kunstblumen hergestellt werden. Viktor, der sogar
Abgeordneter des polnischen Parlaments gewesen ist, stürzt ins gesellschaftliche Nichts. Im
September 1959 dürfen die Radzyners endlich nach Wien ausreisen. Viktors in Wien leben-
de Familienangehörige unterstützen sie. Unter dem Druck der Exilsituation und auch von
Seiten des wohlhabenden Großvaters, der einen Wäschereibetrieb mit mehreren Filialen
besitzt, wird Viktor Niutek Radzyner schließlich Kaufmann. T. R. hingegen beginnt ein
Medizinstudium an der Universität Wien, das sie aber aus finanziellen Gründen abbrechen
muss. T. R. versucht, ihre jüdische Identität geheimzuhalten; beim Schuster gibt sie sich als
„Frau Bauer“ aus, und ihre Töchter dürfen im Lycée franÇais nicht sagen, dass sie Juden sind.
T. R. hatte schon in polnischer Sprache geschrieben, ab etwa 1964 in Wien schreibt sie
auch auf Deutsch – vorwiegend Gedichte, Chansontexte und Theaterstücke. Während die
in polnischer Sprache verfassten Texte durch und durch hochsprachlich sind, fehlt den
deutschsprachigen Texten die profunde Kenntnis der Grammatik und der deutschsprachi-
gen Literatur. Die Vertrautheit mit dem Jiddischen und T. R.s Ohr für die Phraseologie
jedoch haben ihr beim Schreiben sehr geholfen. In den 1970er Jahren arbeitet sie (oft auch
unter dem Synonym Helene Fawel) an etlichen Programmen von Topsy Küppers und Georg
Kreisler mit, Kreisler und Heinz Hruza vertonen einige ihrer Texte. Sie stirbt im Jahr 1991
an Krebs, ihr Mann verliert den Lebenswillen und stirbt ein halbes Jahr darauf.
W.: „Gem. m. St. Rotenberg: Meine wahre Heimat. My True Homeland. Gedichte Dt./
Engl.“ (1999)
L.: Bolbecher/Kaiser 2000, Kaiser 2003
Raffelsberger Martha, geb. Ivansich, Ivanesic, Ivancich, Ivancis, Ivancsich;
Widerstandskämpferin
Geb. Wiener Neustadt, NÖ, 26. 5. 1924
Herkunft, Verwandtschaften: Aufgewachsen in einem Wiener Neustädter Arbeiterviertel.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Ludwig Raffelsberger (* 1922), Spenglergehilfe,
Wiener Neustädter Widerstandskämpfer.
Laufbahn: Arbeiterin in den Wiener Neustädter Flugzeugwerken. Schloss sich im Alter von
16 Jahren einer kommunistischen Gruppe in Wiener Neustadt an, die von Wien aus geleitet
wurde. M. R. nahm an vielen illegalen Aktionen teil. Es wurden in einer Hütte am Unterberg
oder in der Wohnung des später hingerichteten Emil Ifkovits Schulungen abgehalten, an
denen unter anderen auch Mitzi Filarowski (Klauninger) teilnahm. Sie beteiligte sich an der
„Mädchenaktion“ in Eggendorf, wo einige hundert Soldaten, die von der Front kamen, ein-
quartiert waren. Die Mädchen versuchten die Soldaten kennenzulernen und erhielten ihre
Feldpostadressen, an die die Soldaten später Flugblätter mit der Aufforderung überzulau-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika