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Riehl | R 2711
Das Sondergericht beim Landgericht Innsbruck verurteilt sie am 4. August 1943 zu sechs
Monaten Gefängnis wegen Vergehens nach dem Heimtückegesetz, weil sie „die Person des
Führers beschimpfte“. Die Untersuchungshaft vom 18. Juni bis 21. Juli 1943 wird ihr an die
Haftzeit angerechnet. Laut Urteil ist ihre Familie dem NS-Staat gegenüber positiv einge-
stellt. Weil das Gericht ihr zugutehält, „daß die Beleidigung nicht aus einer staatsfeind-
lichen Gesinnung heraus gebraut worden war“, fiel das Urteil milde aus.
Qu.: DÖW 12274.
L.: Dokumentationsarchiv 1984b Karin Nusko
Riehl Elli, geb. Eleonore Urban; Puppenmacherin
Geb. Villach, Kärnten, 19. 12. 1902
Gest. Winklern, Kärnten, 8. 9. 1977
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Gotthard Urban (* 1872), Tischlermeister; Mutter:
Rosa geb. Palese (* 1875); zwei Brüder und eine Schwester.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete mit 29 Jahren Otto Riehl († 1945), Bahnbeamter;
Lebensgefährte Dr. Rudolf Kraus († 1972).
Ausbildungen: Besuchte nach Beginn des Ersten Weltkrieges die Bürgerschule und an-
schließend eine zweijährige Handelsschule in Klagenfurt. In den 1920er Jahren absolvierte
sie einen öffentlichen Zeichenkurs bei Prof. Leopold Resch.
Laufbahn: Schon als Kind spielte sie am liebsten mit Puppen, beobachtete die Natur, un-
ternahm Wanderungen und begann mit dem Schreiben. Als der Vater starb, verschlechterte
sich die wirtschaftliche Lage der Tischlerei und E. R. musste für das Frauenhilfswerk sticken
um die Familie ernähren zu können. 1932 verlor sie durch Konkurs das Elternhaus. Als sie
dem Sohn einer befreundeten Familie aus Geldmangel eine selbstgemachte Puppe in Form
eines kärntnerischen Halterbubens brachte, wurde man auf ihre künstlerischen Fähigkeiten
aufmerksam. Ab dieser Zeit erhielt sie Bestellungen für Puppen, wobei Bergbauernkinder
und Leute von nebenan die häufigsten Motive waren. Ihre erste Ausstellung bestritt sie 1934
auf der Wiener Frühjahrsmesse. 26 Kinderpuppen und Märchenfiguren wurden ausgestellt,
die Bestellungen gingen so zahlreich ein, dass sie zwei Jahre lang ausgebucht war. Ab 1937
belieferte sie auch einen Wiener Großhändler, inzwischen halfen auch die Mutter und die
Schwester bei der Produktion mit, die beide ihre Arbeit verloren hatten. Nach Ausbruch des
Zweiten Weltkrieges ging die Nachfrage stark zurück, sie begann an Volkstypen und Trach-
tenpuppen zu arbeiten, die unter anderem für das Winterhilfswerk gedacht waren. Ein von
der Künstlerin geschaffener Altkärntner Hochzeitszug war auch für Nazigrößen bestimmt
und gilt bis heute als verschollen. Schließlich wurde sie als Lohnrechnerin in den Kriegs-
dienst eingezogen, ihre Puppenmacherei wurde jedoch bald wieder als wichtiger erachtet.
1943 errichtete sie ein Heimatmuseum, das für die Neugestaltung im Jahre 2000 mit dem
Museumsgütesiegel ausgezeichnet wurde. Nach dem Krieg und dem Tod ihres Mannes zog
sie zu einer befreundeten Bergbäuerin in Buchholz. Tagsüber arbeitete sie auf den Feldern,
abends war sie mit der Herstellung ihrer Puppen, die sie oft nach den Bergbauernkindern
gestaltete, beschäftigt. In dieser Zeit lernte sie nicht nur den ehemaligen Villacher Ge-
richtsvorsteher Dr. Rudolf Kraus kennen, der ihr eine neue Welt eröffnete, sondern erhielt
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika