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Rostosky | R 2759
LebenspartnerInnen, Kinder: War mit dem Offizier Bruno Rostock verheiratet.
W.: „Lyrik und Balladen aus Österreich“ (1945), „Das gläserne Herz und andere symbolische
Märchen für Jung und Alt“ (1948), „Balladen“ (1956), „Weg durch die Nacht. Gedichte“
(1977)
L.: Giebisch/Gugitz 1963
Rostosky Helga Marianne, gesch. Watzke; Journalistin, Lektorin und Redakteurin
Geb. Prag, Tschechoslowakei (Praha, Tschechien), 24. 10. 1930
Herkunft, Verwandtschaften: Der Vater, Hans Rostosky (geb. 1899 in Pilsen, gest. 1951 in
Wien), stammte aus einer alten Offiziersfamilie russisch-polnischen Ursprungs. Sie wurde
1528 in den Adelsstand erhoben, in Folge einer „hervorragenden Tat“. Einer der Vorfahren
war Erzbischof von Kiew (1790 –1796) während der zweiten und dritten Teilung Polens. Ein
Zweig der großen Familie folgte der Aufforderung des Großen Kurfürsten, sich in seinen
durch den Krieg entvölkerten Gebieten niederzulassen und in preußische Dienste einzu-
treten. Zu den bekannt gewordenen Familienmitgliedern zählt der Komponist und Musik-
wissenschafter Michael Praetorius („Es ist ein Reis entsprungen …“). Vor allem sind zwei
Malerinnen zu erwähnen: Hildegard Rostosky, akademische Porzellanmalerin, und Gertraud
Rostosky (geb. 1879 in Riga, gest. 1959 in Würzburg), expressionistische Künstlerin von ho-
her Eigenständigkeit. Ihr lebenslanger Freund und Gefährte, der Dichter Max Dauthendey,
resümiert: „ … daß Deine Bilder und Deine Malerei überhaupt von allen malenden Frauen
die männlichste, wenn man so sagen darf, und genialste ist.“ Nach ihr ist eine Straße in
Würzburg benannt. Besonders bemerkenswert ist auch das Ehepaar Nikita Lobanow-Ros-
towsky, das die bedeutendste Sammlung russischer Bühnenkunst von 1890 bis 1930 aufbaute,
die vor Stalin versteckt und in den Westen gerettet werden konnte.
Die Mutter, Käthe Baierl (geb. 1895 in Alt-Zedlisch bei Tachau, gest. 1969 in Wien), ent-
stammte einer sogenannten sudetendeutschen Lehrerfamilie. Nach dem frühen Tod des
Vaters musste seine Witwe ihre sieben Kinder allein aufziehen. Käthe zog mit der Familie
nach Pilsen und arbeitete als Korrespondentin. Hier lernte sie Hans Rostosky kennen.
Als überzeugter Pazifist war dieser aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt. Für das er-
wünschte Medizinstudium fehlte das Geld, so wurde er Bankbeamter (Böhmische Union-
bank in Prag). In seinen politischen Ansichten rückte er nach links und prophezeite: „Falls
Hitler an die Macht kommt, gibt es einen Weltkrieg“. Gegen den Faschismus in Deutsch-
land und den drohenden Einmarsch Hitlers gab es in Prag wiederholt Demonstrationen, an
denen die Eltern teilnahmen, von der Tochter beobachtet. H. R. wuchs in einem politisch
aktiven Umfeld auf und geriet dadurch unter ständigen Druck. Mit Entsetzen und wach-
sender Angst erlebte sie die Folgen der Nazi-Okkupation. Nacheinander verschwanden
viele ihrer Mitschülerinnen und Freunde sowie jüdische Kollegen des Vaters. Als einer der
ganz wenigen Deutsch-Prager bekannte sich Hans Rostosky zum „Protektorat Böhmen und
Mähren“, obwohl er des Tschechischen kaum mächtig war. Bei der Erstellung des gefor-
derten Arier-Nachweises entdeckte er die jüdische Herkunft seiner Mutter. Er engagierte
sich im Widerstand, tauchte zweimal unter. Daher musste H. R. bereits im Volksschulalter
mehrmals Wohnort und Schule wechseln, was sich dann in der Gymnasialzeit als belastend
ausgewirkt hat. Obwohl „Mischling zweiten Grades“, wurde H. dennoch mit 10 Jahren zum
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika