Page - 3077 - in biografiA. - Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Image of the Page - 3077 -
Text of the Page - 3077 -
Silving-Ryu | S 3077
sich für ein Visum für die Vereinigten Staaten zu bewerben. Im August 1938 floh H. S. vor
dem zunehmenden Antisemitismus in Wien zurück in das noch unbesetzte Polen. Nach
erheblichen Komplikationen gelang es ihr, das Visum für die USA zu erhalten. Sie ging im
März 1939 ins Exil.
Nach der Tätigkeit in verschiedenen typischen Emigrantenberufen begegnete H. S. zufällig
ihrem alten Lehrer Hans Kelsen, der sie für zwei Jahre als seine Assistentin in Harvard
einstellte. Da Harvards law school noch keine Frauen zuließ, begann sie mit einem Kredit
der Jewish Educational Foundation for Girls an der Columbia Universität noch einmal
Jus zu studieren. Das Studium schloss sie nach nur 17 Monaten mit einem LL. B. ab. Nach
ihrer Einbürgerung legte S. die Anwaltszulassungsprüfung des Staates New York ab und
wurde im Juni 1944 als Rechtsanwältin zugelassen. Nach einer Stelle bei einer New Yorker
Kanzlei, die sie bei Rückkehr der männlichen Juristen aus dem Krieg verlor, arbeitete sie
für den New York Council of Jewish Women sowie von 1948–53 für das Justizministerium
im Office for Alien Property. In dieser Funktion ging sie im März 1948 für zwei Jahre
nach Deutschland, um dort Rechtsfälle über die Rückerstattung von fremden Eigentum
zu verhandeln.
1954 kehrte H. S. nach Harvard zurück und lernte dort ihren künftigen Ehemann, den ko-
reanischen Strafrechtsprofessor Paul K. Ryu, kennen, den sie im Januar 1957 heiratete. 1956
erhielt sie einen Ruf als „besuchende“ Vollzeit-Professorin für Strafrecht an die Universität
von Puerto Rico. Mit einem Stipendium der Rockefeller Stiftung schrieb sie zeitweilig ein
Werk über „Den Eid“ in Yale. 1959 nach Puerto Rico zurückgekehrt, wurde sie Beraterin für
die Reform des neuen Strafrechtskodex von Puerto Rico. 1964 sowie 1967/68 ging H. S. als
Fulbright Professor nach Korea an die Seoul National University (SNU), wo ihr Ehemann
inzwischen Universitätspräsident geworden war. Sie war ab 1966 Mitglied des World Peace
Through Law Center und seit 1970 Beraterin der Commission on Obscenity and Pornogra-
phy. 1976/77 ging das Ehepaar gemeinsam an die Universität von San Diego. H. S. hatte
sich inzwischen in ihren langen, forschungsreichen Jahren die Reputation der First Lady of
American Criminal Law bzw. der First Lady of International Criminal Law erworben. Sie
verfasste Ende der 1980er Jahre eine umfangreiche Autobiographie.
W. u. a.: „State Contract on the Old Testament. Journal of Religion“ (1944), „Does Demo
cratic
Government Imply Propaganda or Education. Harvard Educational Review“ (März 1943),
„Analytcial Limits of the Pure Theory of Law. 28 Iowa Law Review 1“ (1942), „Law and Fact
in the Light of the Pure Theory of Law. In: Interpretations of Modern Legal Philosophies“
(1947), „Immigration Laws of the U. S.“ (1948), „Euthanasia: A Study in Comparative Crimial
Law. 103 University of Pennsylvania Law Review“ (1954), „Silving/Ryu, Error juris: A Compa-
rative Study. 24 University of Chicago Law Review 421“ (1957), „Testing of the Unconscious
in Criminal Cases. 69 Harvard Law Review (1956), „Essays on Criminal Procedure“ (1964),
„The Oath. 68 Yale Law Journal“ (1959), „Criminal Justice, 2 Vol. Constituent Elements of
Crime“ (1967), „Essays on Mental Incapacity and Criminal Conduct“ (1967), „Soruces of Law“
(1968), „Criminal Justice, vol. I + II“ (1971), „with Paul Ryu: Helen Silving Memoirs“ (1988)
L.: Freidenreich 2002, Röwekamp 2005, Röwekamp 2008
Marion Röwekamp
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika