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große Anzahl von Blumenbildern. Außerdem bemalte sie Porzellan und Andenken, die ihr
Mann in seinem Geschäft als Souvenirs verkaufte. Für die Produktion dieser dekorierten
Gebrauchsgegenstände wurde A. St.-K. von ihren Künstlerkollegen zwar geringgeschätzt,
doch sicherte sie damit das Familieneinkommen. Das Geschäft florierte und nach vielen
mageren Jahren brachte es die Familie zu Wohlstand.
Neben allen diesen Arbeiten malte A. St.-K. eine beträchtliche Anzahl botanischer Blätter,
zunächst für das Herbarium ihres Sohnes Karl. Auch brachten Botaniker ihre Funde zum
Malen; A. St.-K. wurde zu einer Expertin für Alpenblumen. Dieses Nebengeschäft hielt sie
vor ihrem Ehemann geheim. Er verwaltete das Familieneinkommen und war ihr gegenüber
oft knausrig. Sie musste also heimlich malen, um über eigenes Geld verfügen zu können.
In dieser Zeit gelang ihr auch auf dem Sektor der ernsthaften Malerei der große Durch-
bruch. Sie schickte „Die Rautenpflückerinnen“ zur Weltausstellung 1873 nach Wien. Das
Gemälde trat einen Irrweg vom Museum für Kunst und Industrie zur Kunsthalle im Prater,
zum Frauenpavillon an und landete schließlich in einem Lager. Zufällig wurde es dort von
einem einflussreichen Bewunderer entdeckt und bekam nach dessen Intervention endlich
einen sehr günstigen Platz im Wiener Künstlerhaus. Die Kritiken waren überschwänglich,
das Bild wurde für 500 Gulden nach England verkauft. Von da an gingen A. St.-K.s. Bilder
in alle Welt. Ihr wurden mehrere Ausstellungen in etablierten Häusern gewidmet.
A. St.-K. eröffnete 1873 die erste „Mal- und Zeichenschule für Damen“ in Innsbruck, die
sie bis ins hohe Alter leitete. Diese Schule war eine der ersten Malschulen für Frauen in
Österreich überhaupt. Einige der Schülerinnen brachten es weit, wie z. B. Adelheid Paukler,
die später Fachlehrerin für Miniaturmalerei an der Wiener Frauenakademie wurde.
A. St.-K. blieb bis ins hohe Alter sehr aktiv. Sie unternahm Wanderungen mit ihren zahl-
reichen Enkelkindern und malte mit ungebrochenem Schaffensdrang. Sie starb 73-jährig
in Innsbruck.
A. St. K.s Adler-Abenteuer wurde 1875 von der Romanautorin Wilhelmine von Hillern,
unter dem Titel „Die Geierwally“, zu einem äußerst erfolgreichen Heimatroman verar-
beitet. Der Roman schildert die Anpassungsschwierigkeiten eines jungen Mädchens an
eine patriarchalische traditionelle Gesellschaftsform. Ihr Abenteuer mit dem Raubvo-
gel – im Roman mutierte der Adler zum Geier – wird zum Symbol: die Heldin will wie
ein Junge sein. Die für ihre Verwegenheit berühmte, aber auch gefürchtete „Geierwally“
kann den Rollenkonflikt nicht lösen, im für das 19. Jahrhundert typischen „Happy End“
unterwirft sie sich schließlich ihrem Ehemann. Die Romanvorlage wurde mehrmals ver-
filmt und für die Bühne bearbeitet. 1940 verfilmte Hans Steinhoff den Roman mit Hei-
demarie Hatheyer in der Hauptrolle. Neuverfilmung mit Barbara Rütting 1946/47. 1986
Verfilmung durch Walter Bockmayer, gedacht als Parodie auf den Heimatfilm. Die Oper
„La Wally“ von Alfredo Catalani wurde 1892 uraufgeführt; von Felix Mitterer wurde der
Stoff als Volksstück bearbeitet und in den „Geierwally-Freilichtspielen“ aufgeführt (1993,
2002). Die zum Mythos mutierte „Geierwally“ hat jedoch denkbar wenig mit dem Leben
der Malerin A. St.-K. zu tun.
L.: Frauen in Innsbruck, Hnilica 2002, Keckeis/Olschak 1953/54, Kosel, 1902–1906, Thie-
me/Becker, 1907–1950, ÖBL, Paulin 1953, Wedel 2010, Wurzbach
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika