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Villa in Wien XIII, St.-Veit-Gasse 10. Das Haus Steiner wird bald eines der künstlerischen
und gesellschaftlichen Zentren des damaligen Wien.
L. St. macht 1917 erstmals von sich reden mit dem Kaltnadelzyklus „Winter im Hochgebir-
ge“, der im Rahmen eines kriegsbedingten, erzwungenen Aufenthaltes entsteht. Während
des Ersten Weltkriegs erfolgt eine tiefe künstlerische Wandlung: Steiner erlebte „[…] Hun-
ger und Elend, Freude und Freundschaft“ […]. „Jetzt hatte mich das Leben gepackt und ließ
mich nicht mehr los. Jetzt kamen die ersten Bilder und die ersten Kompositionen, ich malte
nicht mehr, um die Natur zu kopieren, sondern um meine inneren Bilder ans Licht zu brin-
gen. Denn es war in mir etwas aufgebrochen, was ich mitteilen mußte.“ (Steiner 1926, S. 4)
Anfangs ist ihr Werk von Oskar Kokoschka beeinflusst („Abschied“), dann beruhigt sich
der Stil: Nun folgt ein aus Farbe entstehender Bildaufbau mit energischem, dynamischen
Rhythmus, so z. B. „Junges Mädchen“, 1921; „Ausblick vom Belvedere“, 1925; s. auch „Gurre-
lieder“ 1921; „Trio“ 1922.
In Paris erhält sie nach ihrer Übersiedlung 1928 in Kunstkritiken jene Anerkennung, die
ihr in Österreich versagt blieb. Es entstehen große figurale Kompositionen, zum Teil Kar-
tons für eine Tapisserie-Manufaktur in Aubusson („Allégorie de la maternité“, „Belle au
Bois dormant“ ). Sie widmete sich anfangs hauptsächlich der Zeichnung und Radierung: Es
entstehen v. a. im Frühwerk Landschaften und Naturstimmungen (Sonnenaufgang, Föhn,
Abend). Von den graphischen Zyklen sind vor allem die Lithographien zu Arnold Schön-
bergs „Gurreliedern“ und jene zum Thema „Mutter“ wichtig und bekannt.
Nach 1937 nimmt sie in ihren Werken auf politische Ereignisse bezug. Mit dem Aufkom-
men des Nationalsozialismus in Österreich beginnt L. St. in ihren Bildnissen mit der Selbst-
thematisierung (Selbstbildnis 1937). 1938 wird sie in ihrem Werk eindeutig politisch: In der
„Composition baroque“ thematisiert sie den Untergang (Österreichs, der Welt?) nach der
Machtübernahme Hitlers. In der Zeit der Machtergreifung Hitlers malt L. St. die für sie
expressivsten Bilder. Neben dem bekannten Repertoire entstehen in Paris auch bedeutende
Ausdrucksstudien von Dirigenten und Künstlern. Sie porträtiert Alban Berg und Arthur
Honegger, zeichnet die Hände Toscaninis, den Bildhauer Maillol bei der Arbeit.
L. St. gilt als Bindeglied zwischen dem Secessionismus und den expressiven Strömungen
der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Aus dem heutigen Blickwinkel betrachtet, reiht sich
ihr Oeuvre im Sinne einer für die österreichische Kunst bezeichnende, verspätete Auseinan-
dersetzung mit Cezanne und die zunehmende Bedeutung der Farbe als Ausdrucksträger in
ihrem Werk bruchlos in die österreichische Kunst der Zwischenkriegszeit ein und steht in
nichts ihren männlichen Kollegen nach.
Ausz., Mitglsch.: 1952: Grand Prix de L’union des Femmes – Peintres et Sculpteurs für
„Allégorie de la Maternité“, 3,5 × 2 m Karton für eine Tapisserie-Manufaktur, die in den
Ateliers Simone Andrés in Aubusson gewirkt wurden. Mitglied: Radierclub der Wiener
Künstlerinnen, 1920 und 1925 korrespondierendes Mitglied des Hagenbundes im Inland,
1926 a. o. Mitglied des Hagenbundes.
Qu.: Nachlässe: WSLB: Handschriftensammlung Nr 162. 124. ; Hans Ankwicz-Kleehoven,
Mappe Lilly Steiner: Künstlerarchiv der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien; Rudolf
Schmidt: Künstlerarchiv der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien; Archiv der Neuen Galerie:
Künst
lerarchiv der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien; Wien Arnold Schönberg-Center.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika