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Steiner | S 3169
Anschließend inskribierte sie Botanik und Zoologie an der philosophischen Fakultät der Uni-
versität Wien. Ein Abschluss des Studiums war trotz fertiggestellter Dissertation für L. L., die
nach den Nürnberger Gesetzen als Jüdin galt, im Sommersemester 1938 nicht mehr möglich.
Anfang Oktober 1938 emigrierte sie auf die Philippinen und ließ sich in Manila nieder. Sie
inskribierte an der University of the Philippines und erhielt wenig später eine Stelle als As-
sistentin (graduate assistant) am Department of Botany. L. L. machte sich mit der philippini-
schen Flora vertraut, begann mit der Systematisierung der Pflanzen und legte eine Sammlung
von selbst gemalten Pflanzenaquarellen an. Im März 1940 graduierte sie zum Bachelor of
Science. In der Folge forschte sie am Botany Department u. a. über Viruserkrankungen bei
Pflanzen. 1940 veröffentlichte L. L.s Doktorvater Josef Kisser, der nach dem „Anschluss“ aus
politischen Gründen in den Ruhestand versetzt worden war, ihre Dissertation als gemein-
schaftliche Arbeit in den „Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik“. Im September 1940
heiratete L. L. den ebenfalls aus Wien stammenden Rechtsanwalt Hans Steiner (1908 –1980).
Nach der Besetzung der Philippinen durch japanische Truppen im Dezember 1941 wurde
die Universität geschlossen, sodass M. L. St. ihren Arbeitsplatz verlor und ihr Masterstudium
abbrechen musste. 1942 und 1944 wurden ihre Töchter Helen und Ruth geboren. Die Kämpfe
um Manila im Februar 1945, als japanische Truppen die Stadt zu einem großen Teil durch
Brandlegungen verwüsteten und zahlreiche Massaker an der Zivilbevölkerung anrichteten,
überlebte die Familie nur knapp. M. L. St.s wissenschaftliches Werk, ein Manuskript über die
philippinische Flora samt Hunderten von Aquarellen, war mit ihrer gesamten Habe vernichtet
worden. Nach dem Krieg kehrte M. L. St. nicht mehr an die Universität zurück. Sie gründete
eine kommerzielle Pflanzenzucht („Monas Botanical Garden“), in der sie Pflanzenmaterial zu
wissenschaftlichen Zwecken sowie zur Neubepflanzung Manilas und für den Export kultivier-
te. Daneben begann sie sich mit der bis dahin wenig bearbeiteten Spezies der philippinischen
Orchideen zu befassen, die sie auf Expeditionen in verschiedene Teile des Landes erforschte.
M. L. St., mittlerweile dreifache Mutter – 1948 kam Tochter Elisabeth zur Welt –, wurde zu
einer international anerkannten Autorität auf dem Gebiet der Orchideenforschung und legte
mit ihrem 1952 (mit Reg. S. Davis als Co-Autor) erschienenen Buch „Philippine Orchids“
ein Standardwerk vor. Sie war Mitbegründerin der bis heute bestehenden „Philippine Orchid
Society“. Seit Ende der vierziger Jahre schrieb sie wöchentliche Kolumnen über verschiedene
Aspekte einheimischer Pflanzen in zwei großen philippinischen Tageszeitungen, die bis 1961
erschienen und zu einem Teil die Basis für ihr zweites Buch, „Philippine Ornamental Plants
and their Care“ bildeten, das 1952 in erster Auflage erschien. Ein weiterer Schwerpunkt ih-
rer wissenschaftlichen Arbeit war die Taxonomie von Pflanzen. Im Rahmen ihrer regen Vor-
trags- und Reisetätigkeit nahm sie u.a. 1954 am 8. Pacific Science Congress teil, wo sie eine
Arbeitsgruppe über volkstümliche Bezeichnungen pazifischer Nutzpflanzen leitete. 1961 lag
schließlich ein Wörterbuch vor. Sie war überdies Gründerin der „Philippine Society of Plant
Taxonomy“. 1954 erlangte sie aufgrund ihrer Dissertation von 1938 das Doktorat an der Uni-
versität Wien. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit bemühte sich M. L. St. um die Weckung
eines Bewusstseins für Natur und Umwelt bei der philippinischen Bevölkerung. So gab sie
etwa den Anstoß zu einer Art Verschönerungsverein-Bewegung, die in den Provinzen des In-
selstaats die Errichtung von Parks auf kriegsbedingt zerstörten Flächen zum Ziel hatte. Auch
an der Neugestaltung des Botanischen Gartens von Manila hatte sie maßgeblichen Anteil.
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika