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biografiA. - Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
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Steinitz | S 3175 Die Illusion, mit dem Schutzbund Arbeitereinrichtungen schützen zu können, war brutal zerstört worden. Wesentliche Funktionäre der SDAP wurden inhaftiert, oder waren ge- zwungen ins Ausland zu flüchten. Standgerichte tagten bereits am 14. Februar. Heinrich Steinitz engagierte sich in den Prozessen für die Angeklagten mit außerordentlichem Mut und Bravour. Die Steinitz-Kinder kehrten enttäuscht der Sozialdemokratischen Arbeiter- partei den Rücken und traten zum Teil der kommunistischen Jugend bei. Für R. St. war dies eine Zeit der innerfamiliären Auseinandersetzungen. R. St. und Heinrich Steinitz schlossen sich den Revolutionären Sozialisten an. Sie ermöglichten mit der Teilfinanzierung der im Herbst 1934 gegründeten „Bukum“ (Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung Neubauer) in Wien 1., Bauernmarkt 3, einen Treffpunkt für diese, in der Illegalität arbeitende Organi- sation. Der 12. 3. 1938 widerlegte die Hoffnung der Familie Steinitz auf österreichischen Widerstand gegenüber dem geplanten Einmarsch der Hitler-Truppen. Bereits am 14. 3. wurde Heinrich Steinitz verhaftet. Bei aller Sorge und Verzweiflung war R. St. erleichtert, ihre beiden jüngeren Kinder Karl Heinrich und Brigitte dem Schweizer Nationalratsab- geordneten Henri Perret anvertrauen zu können. Alle nachdrücklichen und verzweifelten Versuche ihrerseits, auch unter Hinzuziehen eines der NSDAP nahe stehenden Rechtsan- waltes, mit Gnadengesuchen an Polizei- und Gestapostellen die Freilassung ihres Mannes zum Zwecke der Auswanderung zu erreichen, schlugen fehl. Sie selbst bekam die Auflage bis 15. 7. 1938 das „Reichsgebiet“ zu verlassen, musste aber im- mer wie der um Verlängerung ansuchen, da das schikanöse Prozedere der amtlichen Stellen zur Vermögensauflassung und Bezahlung der „Reichsfluchtsteuer“ die Einhaltung des Ter- mins unmöglich machte. Die Schweizer Nationalratsabgeordneten Huber und Perret verschafften Einreisevisa für R. St. und Heinrich Steinitz. Jedoch blieben R. St.s Bemühungen um die Entlassung ihres Man- nes aus der „Schutzhaft“ in Buchenwald zwecks Auswanderung vergeblich. Sie selbst musste 1939 Österreich in Richtung Schweiz verlassen. Ihren beiden älteren Töchtern Lisbeth und Anna gelang es dann ebenfalls mit Hilfe von Perret nach Frankreich zu gelangen. R. St. ver- suchte auch aus dem Exil ihren Mann aus der Lagerhaft frei zu bekommen. Ihre ausführliche Korrespondenz und der letzte Briefwechsel zwischen ihr und ihrem Mann dokumentieren dies. Es war vergeblich. Im Oktober 1942 wurde Heinrich Steinitz von Buchenwald nach Auschwitz deportiert und in Birkenau ermordet. Erst im Jahre 1943 erfuhr die Familie vom Tode des Mannes und Vaters. R. St.s Schwiegermutter Hermine, welche tagsüber im selben Haushalt gelebt hatte, wurde über Theresienstadt nach Treblinka gebracht, wo sie ebenfalls ermordet wurde. R. St. konnte bis zum Ende des Krieges in Le Locle, im Haus von Henri Perret, welcher auch ihren Sohn bei seinem Medizinstudium unterstützte, bleiben. Ihre jüngste Tochter Brigitte emigrierte weiter nach England und wurde ein sehr aktives Mitglied der Exil-Ju- gendorganisation „Young Austria“. Anna und Lisbeth, die beiden älteren Töchter der Familie Steinitz, beide nach Frankreich emigriert, wurden zu wesentlichen Stützen des französischen Widerstandes. Sie retteten jüdische Kinder, spielten Lockvögel, koordinierten die Verteilung von Flugzettel und die Organisation eines Nachrichtennetzes. Des Öfteren konnten sie nur mit großem Glück ihren Häschern entgehen.
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biografiA. Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
biografiA.
Subtitle
Lexikon österreichischer Frauen
Volume
3, P – Z
Editor
Ilse Korotin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79590-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
1238
Category
Lexika
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