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und E. T. bei den anfänglichen Sprachproblemen beistand. Und als wirklich guten Freund
bezeichnete sie den Colonel Asfaw Abner, Verwalter im Jubilee Palace; nach dem Tod Haile
Selassies I. wurde er verhaftet und während des Derg-Regimes sechs Jahre im Gefängnis
festgehalten. Auch zu den kaiserlichen Prinzessinnen und Prinzen hatte sie „ein sehr gutes
und zum Teil auch freundschaftliches Verhältnis“ (so E. T.) und mit größter Anteilnahme
und Hilfsbereitschaft verfolgte sie deren Schicksal nach dem politischen Umsturz und dem
Tod Haile Selassies. Nach ihrer Rückkehr aus Äthiopien betätigte sie sich einige Zeit als
Wirtschafterin und Gesellschafterin der Fabrikantin Lileg.
Wirkungsbereich: In den folgenden Jahren unternahm sie zahlreiche Reisen, liebte Opern-
und Theaterbesuche, malte Blumenaquarelle und widmete sich der traditionellen chinesi-
schen Seidenbildmalerei (1988 Ausstellung in der BAWAG). Sie hielt Vorträge über ihre
Erfahrungen in Äthiopien, wurde in Fachkreisen zunehmend bekannt und überließ dem
Völkerkundemuseum 2001 per Schenkung 156 aus Äthiopien mitgebrachte Gegenstände
wie Handkreuze, Halsbänder, ein Frauenfestkleid u. a.
Für Zeitungsberichte und für eine Fernsehsendung wurde sie über ihre Erlebnisse befragt.
Für ihre Familie schrieb sie, vermutlich gestützt auf Kalendernotizen, ihre „Erinnerungen
an Äthiopien“ nieder (188 Maschinschreibseiten sowie ein Nachwort und einen Anhang),
die sie 1987 in „Durchschlägen“ an ihre Neffen verteilte. 2011, neun Jahre nach ihrem Tod,
wurden diese als Buch herausgegeben. Dass Beobachtungen und kritische Analysen der po-
litischen bzw. sozialen Zustände darin weitestgehend fehlen, wie gelegentlich bemängelt
wurde, ist aus ihrer persönlichen Stellung und Perspektive zu erklären. Umso unmittelbarer
und verlässlicher erscheinen ihre Schilderungen des Lebens am Kaiserhof. Dessen Beschrei-
bungen in dem Buch „König der Könige. Eine Parabel der Macht“ des Journalisten Ryszard
Kapuścińsky (1932–2007) veranlassten sie zu empörtem Widerspruch; er könne unmöglich
je selbst am Kaiserhof gewesen sein, erklärte sie. Bis ins hohe Alter bewahrte sie ihre Selb-
ständigkeit und geistige Klarheit, erst zuletzt zwangen sie die Folgen eines Sturzes, in ein
Seniorenheim zu übersiedeln. Sie starb am 10. September 2002 und wurde nach dem Ritus
der Christengemeinschaft beerdigt, der sie nach dem Beispiel ihrer Mutter beigetreten war.
Die Urne wurde im Familiengrab auf dem Friedhof Gersthof beigesetzt.
Qu.: Nachlass E.
T.s: Zahlreiche Dokumente, ferner Aquarelle und Seidenmalereien; Doku-
mente über die Familie (im Besitz von Joachim Hitzigrath und von Peter Trenkler sowie in
der Sammlung Frauennachlässe des Institutes für Geschichte der Universität Wien); BA-
WAG-Ausstellungsplakat: L.
T. Chinesische Seidenbildmalerei, 15. 11.–1. 12. 1988; T. E.: Le-
benslauf, datiert mit 19. Januar 1959. Manuskript; T. E.: Erinnerungen an Äthiopien 14. No-
vember 1960–14. November 1975. Typoskript; Zach, Michael: Schreiben an Hofrätin Dr.
Gertrude Enderle-Burcel vom 3. 4. 2009. ORF-TV-Sendung „Willkommen Österreich“ am
10. 7. 1996; Ö1-Sendung „Die Köchin des Königs der Könige“, Hörbilder, 30. 3. 2002, 9.05 Uhr.
Mündliche Informationen von Joachim und Elisabeth Hitzigrath sowie von Peter Trenkler.
L.: Agstner 2011, Buzas 1979, Stumpf-Fischer 2011
Edith Stumpf-Fischer
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika