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3658 Y | Z | Zur Mühlen
Zur Mühlen Hermynia, geb. Gräfin Hermine Maria Isabelle Folliot de Crenneville-Poutet,
Ps. Franziska Marisa Rautenberg, Lawrence H. Desberry, Traugott Lehmann, F. M. Tenberg,
Maria Berg, verh. Klein; Schriftstellerin und Übersetzerin
Geb. Wien, 12. 12. 1883
Gest. Radlett/Hertfordshire, Großbritannien, 20. 3. 1951
Herkunft, Verwandtschaften: Ihr Vater Graf Victor Folliot de Crenneville (1847–1920)
war Diplomat und unternahm zahlreiche Reisen mit seiner Tochter. Ihre Mutter Isa bella
Louise Alexandrina Maria von Wydenbruck (gest. 1936) hatte ein distanziertes Verhält-
nis zur Tochter. Ihre Familie, nachweisbar bis ins zwölfte Jahrhundert, zählte zu den an-
gesehensten der Monarchie und war seit Generationen im Dienste der Habsburger. Die
Autorin wuchs bei ihrer englischen Großmutter in Gmunden auf, die ihr zwar den Sinn für
Gerechtigkeit beibrachte und sie zu einer kritischen Leserin heranzog, sie jedoch von der
Welt fernhielt. Sie erhielt eine standesgemäße Bildung inklusive Bildungsreisen durch drei
Kontinente und erlernte mehrere Fremdsprachen.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1908 heiratete sie Victor von zur Mühlen (1879 –1950), Guts-
besitzer, 1918 wurde sie wieder geschieden. Ab Mai 1938 war sie mit Dr. Stefan Klein
(1889–1960) verheiratet, geb. am 10. Mai 1889 in Wien. Er setzte sich nach dem Tode seiner
Frau sehr für ihr Werk ein, starb jedoch arm und krank am 6. Oktober 1960 in Wien.
Ausbildungen: Erhielt Unterricht von Hauslehrern, besuchte das Sacré Coeur Algier und ab
ihrem 15. Jahre ein Pensionat in Dresden. Ausbildung zur Volksschullehrerin in Ebensee. Sie
wuchs mit der deutschen, englischen, russischen und französischen Sprache auf, lernte in ihrer
Jugend auch Spanisch und Arabisch. H. Z. M. rebellierte aber schon früh gegen ihre gräfliche
Herkunft, ließ sich zur Volksschullehrerin ausbilden, besuchte 1900/1901 die Lehrerinnenbil-
dungsanstalt in Gmunden und legte das Examen für Volksschullehrerinnen ab.
H. Z. M. setzte sich schon früh mit sozialen Problemen und sozialistischen Ideen auseinander.
Durch Literatur und zahlreiche Reisen, die sie mit ihrem Vater unternahm, interessierte sie
sich auch schon bald für politische Fragen. Von ihren adeligen Eltern an der Ausübung ihres
Wunschberufes
– Volksschullehrerin
– gehindert, begann sie um 1905 mit belletristischen Veröf-
fentlichungen und arbeitete kurzzeitig in einer Buchbinderei, worüber sie später meinte: „Diese
Woche hat mich mehr gelehrt als viele dicke Bände über soziale Fragen.“ 1907 lernte sie in Me-
ran den livländischen Großgrundbesitzer Victor von zur Mühlen kennen, den sie im darauffol-
genden Jahr heiratete. Sie nahm die russische Nationalität an, um zum Protestantismus übertre-
ten zu können und lernte bald im Baltikum das grausame russische System der Leib
eigenschaft
kennen. Die Familie ihres Mannes besaß in Eigstfer, im Bezirk Dorpat, dem heutigen Tartu in
Estland, in einer einsamen Gegend ein Gut, dessen Lebensstil der hochgebildeten und vielseitig
interessierten H. nach kurzer Zeit unerträglich wurde. Ihre Ehe war unglücklich, da sie mit
der konservativen Einstellung ihres Mannes und ihrer eigenen Lebensweise, die sie als Verrat
empfand, nicht fertig wurde. 1913 ging sie zu einem Kuraufenthalt nach Davos in die Schweiz.
Sie nutzte diese Gelegenheit, um sich nach sechsjähriger Ehe von ihrem Mann zu trennen und
ließ sich später auch von ihm scheiden. Als Protest gegen die darauffolgende Behandlung ihrer
livländischen Verwandten schrieb sie ihren Namen nach der Scheidung mit einem großen „Z“.
Den Ersten Weltkrieg verbrachte sie in der Schweiz. In Davos lernte sie den Wiener Juden
und Kommunisten Stefan Klein kennen, der in Ungarn aufgewachsen war und seinen Lebens-
biografiA.
Lexikon österreichischer Frauen, Volume 3, P – Z
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- biografiA.
- Subtitle
- Lexikon österreichischer Frauen
- Volume
- 3, P – Z
- Editor
- Ilse Korotin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79590-2
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1238
- Category
- Lexika