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Michael Tangl (1861–1921) 41
dieses „Istituto Austriaco di Studii storici“ ein provisorisches Statut, das die Arbeitsgebiete
festlegte und – um die Befähigung der Stipendiaten zur Ausführung anspruchsvoller For-
schungsvorhaben zu gewährleisten – Sickel, der das römische Institut in Personalunion
mit dem Wiener IÖG leiten sollte, deren Auswahl auftrug. Daher hatte der überwiegende
Teil der Stipendiaten der frühen Jahre den Wiener Institutskurs absolviert und verfügte
somit über eine gründliche paläografische und diplomatische Ausbildung. Als ursprüng-
liche Arbeitsaufgabe des römischen Institutes war die Erschließung der Quellen zur Ge-
schichte des Hauses Habsburg und der habsburgischen Monarchie vorgesehen gewesen ;
da sich die Ausbeute in diesem Bereich aber bald als geringer erwies als zunächst erhofft,
fanden Fragestellungen insbesondere hilfswissenschaftlich-diplomatischer Art bald zu-
nehmende Berücksichtigung : Es war naheliegend, die Methoden, die Sickel vor allem an
Urkunden aus dem Bereich des mittelalterlichen Kaiser- und Königtums entwickelt hatte,
nun auch auf die Erzeugnisse der päpstlichen Kanzlei und auf deren Arbeitsweise anzu-
wenden. Nicht zuletzt hatte Sickel selbst durch seine grundlegende Beschäftigung mit
dem „Liber diurnus“, die schließlich in die erste kritischen Ansprüchen genügende Aus-
gabe dieser Formularsammlung aus dem Umkreis der frühmittelalterlichen päpstlichen
Kanzlei mündete, den Weg in diese Richtung gewiesen69. Bereits bei den ersten durch Si-
ckel nach Rom gesandten Stipendiaten ist der doppelte Arbeitsschwerpunkt erkennbar70.
So erarbeiteten Ferdinand Kaltenbrunner71 und Adolf Fanta72 einerseits eine umfangrei-
che Quellenedition zur Geschichte der deutschen Könige Rudolf I. und Albrecht I.73,
leisteten aber andererseits bedeutende Beiträge zur Diplomatik, insbesondere des päpst-
lichen Urkundenwesens, die sich zunächst gewissermaßen von selbst als Nebenprodukte
bei der Durchsicht vor allem der päpstlichen Register ergaben74. Bei Ottenthal, der sich
tenario. L’Archivio Segreto Vaticano a un secolo dalla sua apertura (1880/81–1980/81) (Città del Vaticano
1982) ; Leone XIII e gli studi storici. Atti del convegno internazionale commemorativo, Città del Vaticano,
30–31 ottobre 2003, hg. v. Cosimo Semeraro (Pontificio comitato di scienze storiche, Atti e documenti 21,
Città del Vaticano 2004).
69 Liber diurnus Romanorum pontificum ex unico codice Vaticano denuo edidit Th. E. ab Sickel (Wien
1889).
70 Vgl. Theodor von Sickel, Bericht über die bisherigen Arbeiten des Istituto Austriaco di studii storici in
Rom, in : MIÖG 6 (1885) 203–223. Es handelt sich um die gekürzte Fassung eines von Sickel 1884 dem
Unterrichtsministerium vorgelegten Berichtes.
71 Zu ihm vgl. Sickel, Römische Erinnerungen, passim ; Lhotsky, Geschichte des Instituts (wie Anm. 5) 166 ;
ÖBL III, 203.
72 Zu ihm vgl. den Nachruf auf ihn in MIÖG 9 (1888) 175f.; Sickel, Römische Erinnerungen (wie Anm. 68)
passim ; Lhotsky, Geschichte des Instituts (wie Anm. 5) 177 ; Fuhrmann, „Sind eben alles Menschen
gewesen“ (wie Anm. 47) 89.
73 Adolf Fanta, Ferdinand Kaltenbrunner, Actenstücke zur Geschichte des deutschen Reiches unter den
Königen Rudolf I. und Albrecht I. (Mittheilungen aus dem Vaticanischen Archive 1, Wien 1889).
74 Dies trifft vor allem auf Kaltenbrunner zu, der bereits durch die Mitarbeit an der Neubearbeitung von Jaffés
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien