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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
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Page - 77 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2

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Michael Tangl (1861–1921) 77 einer für Tangl wohl sogar typischen – bei aller Hingabe und allem Enthusiasmus gegen- über seinem Fach – gewissen Distanziertheit gegenüber vergröbertem Urteil und seiner Ablehnung jeglicher Ideologisierung geschichtlicher Ereignisse und Entwicklungen zu suchen, die es ihm schwer machten, den alle Einzelheiten berücksichtigenden und mög- lichst objektiven Standpunkt des Quellenforschers zu verlassen. So überließ er das Feld der breiten zusammenfassenden Darstellung wohl nicht ungern großzügigeren Geistern, die sich auf die gut abgesicherten Ergebnisse akribischer Quellenforschung stützen und mit ihren Arbeiten einen bleibenden Platz in der Geschichtsforschung erringen konnten231. Im Urteil der Zeitgenossen, besonders derer, die ihn persönlich kannten und mit ihm, sei es als Kollegen oder als Schüler, zusammengearbeitet hatten, stieß diese vermutlich doch bewusst gewählte Beschränkung – oder Konzentration – auf die Detailstudie mit Blick auf den größeren Zusammenhang durchaus auf Verständnis232. Was aus heutiger Sicht bleibt, ist vor allem Tangls ungeheurer Einfluss auf seine Schüler, den er sowohl in wissenschaft- licher als auch in menschlicher Hinsicht auszuüben in der Lage war233. radin, den glücklosen Sohn Kaiser Friedrichs II., genannt, in dem es ihm gelang, vor dem Hörer eine ganze Epoche in starken Bildern lebendig zu machen : Michael Tangl, Konradin von Hohenstaufen. Ein Vortrag, in : ders., Mittelalter 2 859–870. 231 So kritisierte Tangl im Zusammenhang mit einer Studie von Georg Hüffer, Korveier Studien. Quellen- kritische Untersuchungen zur Karolinger-Geschichte (Münster i. W. 1898) dessen durch übergroße Hei- matliebe getrübte Urteilskraft, die den wissenschaftlichen Wert seiner Arbeit erheblich mindere : Michael Tangl, Die Urkunden Ottos I. für Brandenburg und Havelberg, die Vorbilder für die gefälschten Grün- dungsurkunden der sächsischen Bistümer, in : FS zu Gustav Schmollers 70. Geburtstag (Leipzig 1908) 369–401, und in : ders., Mittelalter 1 601–627, hier 604 : „Ich will nicht leugnen, daß Hüffers Ausfüh- rungen […] noch durch etwas anderes zunächst für sich einnehmen : durch die sichere Heimatkenntnis und durch die mächtig hervortretende Heimatliebe, die ihn für seine Darstellung lebhafte Farben und warme Töne finden lassen. Die Lebhaftigkeit dieser Gefühle hat aber bei Hüffer über die Besonnenheit des Forschers Oberhand gewonnen, und er hat dadurch den Vorsprung, den ihm Orts- und Landeskennt- nis gaben, wieder vollständig eingebüßt.“ 232 In diesem Sinne urteilte Brandi, Tangl (wie Anm. 36) 5 : „Aus Tangls wissenschaftlichem Werk ergibt sich ein gedrängtes Bild von großer Geschlossenheit […] Die vielseitigen Naturen verbrauchen sich in ihren Wir- kungen, die einseitigen dünken uns unersetzlich.“ Perels, Tangl (wie Anm. 36) 124 formulierte : „Alles was er schrieb zeichnet sich aus durch Gediegenheit und Klarheit, durch Ernst und Besonnenheit der Forschung, vieles durch Scharfsinn und hervorragende Kombinationsgabe – wobei er aber allem hypothetischen Blen- dertum stets abhold blieb. Einige seiner Arbeiten […] dürfen wohl geradezu abschließend genannt werden […] Einzelabhandlungen – sie lagen seiner Natur zweifellos am meisten : die methodische und exakte Unter- suchung, die zu gesichertem Ergebnis führte und eine feste Grundlage für weitere Forschung bilden konnte, war ihm offenbar mehr wert als die abgerundete zusammenfassende Darstellung.“ 233 Schaller, Tangl (wie Anm. 1) 300, bezeichnet ihn folgerichtig als „Multiplikator der quellenkritischen Methode“, dessen „Langzeitwirkung“ nicht in „epochemachenden historischen Darstellungen oder ge- schichtsphilosophischen Modellen“, sondern in seiner Wirkung auf seine Schüler besteht.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
2
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
678
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien
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