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84 Andrea Rzihacek und Christoph Egger
wohl der Veröffentlichung wert, sollte die Ergänzung sich als undurchführbar erweisen.
Zum zweiten (kürzeren ?) Abschnitt, dem Vergleich dieser Darstellung mit Reimchronik
und Schwabenspiegel, sind die Vorarbeiten vorhanden, die wohl manchen Anhalt geben.
Zwei Bemerkungen möchte ich mir noch zu den Notizen erlauben :
1) Zur Karte [Alexander] Brückners (Slavist an der Berliner Universität)260 : Mein Vater
wollte einer Anrregung Brückners folgend, die Inschrift auf dem Herzogsstuhl, die er trotz
der späteren Übermeisselung für echt slavisch hielt, auslegen als wörtliche Übersetzung
der formelhaften Wendung „habet sanctae fidei fidem = (i)ma sveti veri vero (verschrie-
ben zu i). Ob er aber die üble Frage überhaupt wieder anschneiden wollte, ist mir nicht
bekannt.
2) In einem Brief aus Maria Rain an Perels schreibt mein Vater, er habe im Archiv des
Kärntner Geschichtsvereins gefunden „eine ungedruckte Urkunde Herzog Rudolfs IV.,
die sich für die Einsetzung dieses Herzogs im Oktober 1361 als sehr wichtig erweist.“ Die
mit Bleistift geschriebene Notiz über die Urkunde liegt im Manuskript. Ich neige zu der
Vermutung, dass mein Vater auf das Verzeichnis der Zeugen Gewicht legte, da er damit
das „rediens ad ecclesiam Soliensem“ des Johann v. Viktring aus der Verwendung von
Maria Saal als Absteigequartier der Gäste erklären wollte.
Sonntag, den 28. August, war mein Vater noch einmal nach Maria Saal gefahren, um
eine schwache Spur, die auf Erhaltung des kirchlichen Rituals zu deuten schien, zu verfol-
gen. Dieser Streifzug, der letzte Spaziergang seines Lebens, denn schon bei der Heimkehr
am Mittag vermochte er sich nicht mehr auf den Beinen zu erhalten, führte zu keinem
Ergebnis ; wünschen wir seiner letzten Arbeit einen umso besseren Erfolg ! Einen rein
geschäftlichen Punkt gestatte ich mir noch zu berühren : Mein Vater war, soviel ich weiss,
korrespondierendes Mitglied der Bayrischen Akademie ; ich glaube, dass die Bayern sich
auch gerne an der Errichtung eines würdigen Grabmals beteiligen würden. Hier in Berlin
würde die Sammlung wahrscheinlich Privatdozent Dr. Höpke, der Bibliothekar des His-
torischen Seminars, übernehmen ; die älteren Schüler meines Vaters (Stengel, v. Heckel
u.s.w.) könnte vielleicht Prof. Perels oder Archivrat Krabbo, wohl der älteste Berliner
Schüler u. Duzfreund meines Vaters (Geheimes Staatsarchiv) von dem Unternehmen ver-
ständigen. Gerade diese älteren Schüler legten bisher eine so warme Anhänglichkeit an
den Tag, dass wir wohl sicher auf Ihre Unterstützung rechnen können.
In der Hoffnung, dass Ihnen die Vollendung der Arbeit nicht allzuviele Mühe bereitet,
verbleibe ich mit herzlichstem Dank, für die treue Freundeshilfe, die Sie uns immer wie-
der leisten, Ihr aufrichtig ergebener Eberhard Tangl.
260 Vgl. zu ihm ÖBL 1, 119f.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien