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94 Peter Herde
dieses Programms hätte erfüllt werden können. Man wird dem Verlag Bruckmann durch-
aus zugutehalten müssen, dass die Publikation eines solchen Werkes „nicht der kaufmän-
nischen Erwägung des Verlages, sondern dem Wunsch, einem Bedürfnis der Wissenschaft
entgegenzukommen“, entsprungen sei und daß an einen Gewinn […] von Haus aus dabei
nicht zu denken war35. Offensichtlich waren Chroust und der Verlag bei der Abschätzung
des finanziellen Risikos und der zu erwartenden Subskriptionen doch zu optimistisch
gewesen. Bereits im April 1899 versuchte daher der Verlag, mithilfe des bayerischen Kul-
tusministeriums den Absatz zu steigern. Am 28. dieses Monats36 teilte Bruckmann dem
Ministerium mit, dass die Monumenta Palaeographica aus Kostengründen nur publiziert
werden könnten, wenn alle infrage kommenden Institute es anschafften ; der Verlag bat
Entsprechendes zu veranlassen und wies darauf hin, es sei das erste große, in Deutschland
von einem deutschen Gelehrten edierte Werk, welches die gesamte Entwicklung der lateinischen
und deutschen Schrift von ihren Anfängen an mit besonderer Berücksichtigung der Entwick-
lung der Schrift in Deutschland, besonders in Bayern darzustellen unternimmt. Bisher sei die
Forschung auf diesem Gebiet so gut wie ausschließlich auf französische und englische Werke
angewiesen37, die wegen ihrer außergewöhnlichen Kostspieligkeit im ganzen Königreich Bay-
ern nur in je einem Exemplar vertreten sind. Der Verlag übersah dabei, dass ebendies auch
das wesentliche Hindernis für eine weitere Verbreitung seines Produkts war und dass sein
Wunsch, es solle als Lehrmittel nicht nur für Universitäten, sondern auch Lyzeen, Gym-
nasien, Kunstschulen u.a. dienen, deshalb einigermaßen illusorisch war. Das Ministerium
antwortete am 5. Mai 1899 sachlich38, dass die höheren Lehranstalten und öffentlichen
Bibliotheken Bayerns generell ermächtigt sind, die ihnen passend erscheinenden Werke
anzuschaffen, sofern die etatmäßigen Mittel hierzu ausreichen. Zwei Jahre später wandte
sich der Verlag Bruckmann noch einmal unter Berufung auf die Korrespondenz von 1899
an das Ministerium39, teilte mit, dass die dritte Lieferung erschienen sei und die vierte in
Kürze erscheinen werde, und wies darauf hin, dass das preußische Unterrichtsministerium
12 Exemplare abgenommen habe, während aus Bayern bislang nur drei Subskriptionen
vorlägen. Noch nicht einmal das Historische Seminar der Universität München habe das
Werk subskribiert. Dem Brief wurden positive Rezensionen beigefügt, das Ministerium
wurde erneut gebeten, bei den betreffenden staatlichen Institutionen die Subskription zu
35 Bruckmann an das bayerische Kultusministerium 06.02.1903, ebd.
36 Ebd.
37 Gemeint sind wohl vornehmlich : Recueil des fac-similés à l’usage de l‘École des Chartes, Fasz. I–IV (Paris
1880/87), Album paléographique […] reproduits par la Société de l’École des Chartes (Paris 1887) ; Palaeo-
graphical Society, Facsimiles of Manuscripts and Inscriptions, Ser. I–II, hg. v. Edward Augustus Bond u.a.
(London 1873/94).
38 Wie Anm. 31.
39 Schreiben vom 03.04.1901, ebd.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien