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100 Peter Herde
aller wissenschaftlichen Institutionen erfahren. Die Fortsetzung werde auch ein Beweis
dafür sein, dass in Bayern die wissenschaftliche Arbeit unerschüttert weiter geht und dass die
große Verlagsindustrie in München auf der Höhe ihrer früheren Leistungsfähigkeit geblieben
ist. Auch dem Ausland, besonders Frankreich gegenüber, sei das Werk ein positiver Bei-
trag. Der beantragte Betrag von 8.000 Mark könne in Raten von je 2.000 Mark gezahlt
werden und solle voll Bruckmann zugutekommen. Am 5. Juni 1919 antwortete das bay-
erische Kultusministerium Chroust58, die beantragte Summe von 8.000 Mark müsse vom
Landtag genehmigt werden, da das Ministerium keine Mittel dafür besitze ; es werde sich
jedoch für eine Bewilligung im Staatshaushalt 1920 einsetzen. Doch kann unter den gegebe-
nen Verhältnissen die [Be]willigung des Landtages noch nicht zugesichert werden, so heißt es
abschließend. Damit enden die bayerischen Akten über die Monumenta Palaeographica.
Die dritte Serie war bei Bruckmann nicht mehr zu verwirklichen. Chroust musste den
Verlag wechseln ; ihre 21 Lieferungen erschienen bei Harrassowitz in Leipzig59.
IV.
Nach diesem Exkurs über die Geschichte der Monumenta Palaeographica zurück in den
Sommer 1901 und nach Würzburg. Der von Chroust konsultierte Anglist Förster witterte
natürlich in einer Zeit, da Handschriftenforschung und Neuentdeckungen in seinem Fach
etwas galten, eine Chance, durch Publikation des, wie er glaubte, ältesten angelsächsischen
Vermerks (heute spricht man vorsichtiger von einem „sehr frühen altenglischen Eintrag“60)
seine wissenschaftliche Reputation zu erhöhen, während Chroust wohl fürchtete, um seine
Meriten als Entdecker gebracht zu werden. Wie dem auch sei, jedenfalls war dieser Vorfall
nur der Funke, der Sprengstoff zur Explosion brachte, der sich aus ganz anderen Gründen
angesammelt hatte. Da der Bericht des Senats sich auf die Vordergründe beschränkt und
die Hintergründe verschweigt, muss hier auf den sachlichen Bericht, den Kultusminister
Landmann in der Angelegenheit Chroust am 8. Oktober 1901 an den Senat der Univer-
sität und am 2. Juli 1902 an den Prinzregenten Luitpold sandte61, und auf eine 25 Bögen
umfassende Promemoria des Kultusministers an den Minister des kgl. Hauses und des Äu-
58 Ebd.
59 Siehe oben Anm. 1.
60 Simes-Williams, Cuthswith (wie Anm. 7) 1 : „a very early Old English inscription“. Förster glaubte nach
dem Bericht des Senats vom 23.07.1902 (BHStAM, MK 11364), dass die Eintragung als älteste datierbare Auf-
zeichnung in angelsächsischer Sprache für die englische Philologie von großem Interesse sei […].
61 BHStAM, MK 11364. Schreiben an den Senat vgl. Anm. 74. Danach das Folgende. Die unten zitierte Stel-
lungnahme der Fakultät vom 04.07.1901 UAWb, ARS Nr. 1621.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien