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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
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Page - 113 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2

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Anton Chroust (1864–1945) 113 seine Statistik) drei Katholiken in ihren Reihen, und der Lektor für französische Spra- che sei sogar katholischer Geistlicher. Auf den Lehrstuhl für Neuere Geschichte gehöre nun einmal ein Liberaler, und das sei Chroust nicht, schon weil er in Münster auf eine spezifisch katholische Geschichtsprofessur berufen werden sollte. Der Zentrumsabgeordnete Gerstenberger96 betonte nochmals ausdrücklich, dass Chroust nach Auskunft von Hörern seines Kollegs und anderen Informanten keine Kontakte zur katholischen Kirche mehr habe und in seinen Kollegs Auffassungen vertrete, die nicht denen der Kirche entsprä- chen. Er gelte als Liberaler. Wenn wir [das Zentrum] dennoch für ihn eintreten, so thun wir es um der Gerechtigkeit halber, um der Cliquenwirtschaft, die an einzelnen Universitäten herrscht, entgegenzutreten, nicht um des Dr. Chroust wegen, der uns völlig fernsteht. Und bei der Deutung der Abneigung, die Chroust in Würzburg entgegenschlug, sieht er neben dem religiös-weltanschaulichen Moment wohl zu Recht andere, tiefer greifende Fakto- ren im Spiel : Chroust entspreche gesellschaftlich nicht ganz dem Würzburger Professo- renambiente, und vielleicht auch deswegen nicht, weil er nicht aus Preußen stamme. Aus dieser wohl nicht ganz falschen Sicht wird die soziale Inakzeptanz des österreichischen Handwerkersohnes im bürgerlichen Professorenumfeld – ebenso wie vorher in München – deutlich ; aus dieser Sicht wird das konfessionelle Moment fast schon zum „Überbau“ sozialer Verhältnisse. Gerstenberger beendete seine Rede mit den wenig schmeichelhaf- ten Bemerkungen : […] es ist ein trauriges Schauspiel, wenn Professoren, die sich sonst als Götter unter den armen, niederen Menschen aufspielen […] ob ihrer Weisheit, wenn Männer der Wissenschaft, um einen weniger angenehmen Kollegen zu verdrängen, sich betragen wie Frauen in einem kleinstädtischen Kaffeeklatsch. Kultusminister Landmann97 versuchte, die Diskussion zu versachlichen, verwies auf die rechtliche Lage, kritisierte aber die Fakultät wegen ihrer rechtswidrigen Nichtweiterleitung des Minderheitsvotums für Chroust an den Senat und weil sie die ehrenrührigen Auslassungen Brenners in seinem Brief an Luick zu verharmlosen versucht habe, und den Senat wegen des ‚ab irato‘ abgegebenen und das Ministerialschreiben vom 12. Januar 1902 einseitig zu Ungunsten von Chroust auslegen- den Berichts vom 20. Mai 1902 an das Ministerium. Damit hatte er jedoch, wie schon die Replik Casselmanns vermuten lässt98, die Lunte angezündet, die das Pulverfass zwei Tage später zur Explosion bringen sollte, auch wenn er seinem Wunsch Ausdruck verlieh, dass über diese Angelegenheit bald Gras wüchse. Der Zentrumsvorsitzende Balthasar von Daller mahnte in gemäßigtem Ton99, die Debatte, eine unerhörte Zeitverschwendung auf Kosten des Landes, und den für das Ansehen der Universität Würzburg höchst abträglichen 96 Ebd. 951ff. 97 Ebd. 953ff., 958f. 98 Ebd. 955f. 99 Ebd. 956f.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
2
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
678
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien
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