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136 Klaus Wachtel
2. Klasse47, als der er seit 1917 auch in der Münz- und Medaillensammlung des Kaiser-
hauses tätig war48. Vom aktiven Landsturmdienst war er auf Antrag der Hofbibliothek
bereits 1915 auf unbestimmte Zeit entbunden worden49. Trotz seiner bibliothekarischen
Tätigkeit und seiner wissenschaftlichen Interessen, die ihren Ausdruck in zahlreichen Auf-
sätzen und Artikeln in Pauly’s Realencyclopaedie der classischen Altertumswissenschaft
(= RE) fanden, verschmähte Groag die Lehrtätigkeit nicht ganz. Wohl in Anbetracht sei-
ner allzu kärglichen Löhnung an der Bibliothek sah er sich nach einer weiteren bezahlten
Beschäftigung um und fand diese bei den bildungshungrigen, vorzugsweise jüdischen hö-
heren Töchtern Wiens. Von 1904 bis 1909 unterrichtet er sie, wie aus seinem Curriculum
vitae in der Personalakte der Universität hervorgeht, in Geschichte, Geografie, Latein und
Griechisch in den Schwarzwaldischen Gymnasialkursen50, von 1909 bis 1913 in densel-
ben Fächern in den Gymnasialkursen des Cottage-Lyzeums.
An diesen Stationen von Groags Lebensweg werden zumindest teilweise die Konturen
der geistig-kulturellen Umgebung sichtbar, in der er sich zu dieser Zeit bewegt hat, nicht
zuletzt sicher auch dank seiner Mutter, mit der er offenbar zusammengewohnt hat, und
der Brüder seiner Mutter, Groags Onkel. In diese Zeit dürfte auch der sogenannte Arnold-
kreis51 gehören, in dem sich der später bedeutende Prager Germanist Josef Körner52 und
Groag begegnet sind : Jahrzehnte später schrieb Körner an Groag53 : An die Abende im
Arnoldkreis freilich, wo ich Sie kennenlernte, und unsere damaligen Gespräche erinnere ich
mich noch so lebhaft – ich könnte das Lokal beschreiben, und Nase, Gaumen spüren noch Duft
und Schmack des Eierpunsches in jenem Ring-Cafe […]. In diesen Zusammenhang könnte
auch die Spaß-Karte im Nachlass Arnolds gehören, auf der steht54 : Ich verpflichte mich, an
meinem 70. Geburtstag, also im Jahre 1942, Herrn Dr. Karl Ausserer55 eine schöne Hose nach
47 Ebd. Brief des Oberstkämmerers vom 25.04.1913 ; HB 250/1913.
48 Ebd. Antrag Rudolf Münsterbergs (zu ihm ÖBL 6, 436), Direktors der Sammlung, vom 27.04.1917 : HB
188/1917.
49 Ebd. Brief vom 28.12.1915 : HB 441/1915.
50 Eugenie Schwarzwald hatte 1901 die Mädchenschule in Wien 1, Franziskanerplatz 5 (später Wallnerstr. 9), über-
nommen und daraus die nach ihr benannten Schulanstalten mit einem besonderen pädagogischen Profil gegrün-
det. Das Niveau muß dank der beschäftigten Lehrkräfte sehr hoch gewesen sein, vor allem auch in künstlerischer
Hinsicht.
51 Robert F. Arnold (1872−1938) war 1895–1913 wiss. Hilfsarbeiter und dann Kustos an der Hofbibliothek, seit
1913 wirklicher ordentlicher Professor an der Wiener Universität ; vgl. zu ihm Internationales Germanistenle-
xikon (wie Anm. 20) 47−49.
52 Zu ihm ebd. 974−976.
53 Josef Körner, Philologische Schriften und Briefe, hg. v. Ralf Klausnitzer (Göttingen 2001) 391, vgl.
455−457 (ebd. „Grooz“ verlesen für Groag).
54 ÖNB 361/20–6.
55 Oberstaatsbibliothekar an der ÖNB, vgl. Kürschners Gelehrtenkalender 1940/41 ; ÖBL 1, 38.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien