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Arthur Stein (1871–1950) und Edmund Groag (1873−1945) 163
sozialer und ethnischer Gruppen aus unterschiedlichen
Ursachen und Gründen und mit unterschiedlichen Zie-
len nach Wien zog. Charakteristisch für einen Teil dieser
„Zuwanderer“ war es auch, vor allem ihren Söhnen, in
geringem und zunehmendem Maße aber auch den Töch-
tern eine gute Schulbildung und damit den Weg zu ei-
ner universitären Ausbildung zu ermöglichen. Bei Groag
und Stein waren es die Geistes-, speziell die historischen
Wissenschaften, denen das Interesse beider galt und die
sie an der Wiener Universität, im Archäologisch-epigrafi-
schen Seminar Bormanns und im Historischen Seminar
Büdingers zusammenführten, wo sie zu typischen Ver-
tretern der „Wiener Schule“214 ausgebildet wurden. Ge-
pflegt wurde die handwerkliche Vollkommenheit bei der Bearbeitung und Auswertung
des literarischen, epigrafischen, numismatischen, papyrologischen, im Bedarfsfall auch
des archäologischen Quellenmaterials215. Dabei spielte die Epigrafik die Hauptrolle : in
Bormann hatten die angehenden Althistoriker einen hervorragenden Lehrer auf dem Feld
der lateinischen Inschriftenkunde, der – ein Schüler Mommsens – unter anderem am Ber-
liner Inschriftenkorpus mitgewirkt hatte, bevor er 1885 die Wiener Lehrkanzel bestieg.216
Benndorf, zuvor Inhaber des archäologischen Lehrstuhls in Prag, übernahm 1877 die
Lehrkanzel für Klassische Archäologie in Wien. Nachdem er mehrere Forschungsreisen
nach Kleinasien organisiert und die Grabung Ephesos begonnen hatte, gründete er 1898
das Österreichische Archäologische Institut. Viele der auf den Forschungsreisen und Gra-
bungen zutage gekommenen (vor allem griechischen) Inschriften wurden von Groag und
Stein veröffentlicht.
Bormann war es vermutlich auch, der seine beiden Schüler mit der kaiserzeitlichen
römischen Prosopografie vertraut machte und ihnen die Bearbeitung der entsprechenden
Personenartikel in der RE vermittelte. Diese Forschungen zur Personenkunde, verbunden
mit Untersuchungen zur Verwaltungsgeschichte der römischen Kaiserzeit, wurden ihr
Spezialgebiet, auf dem sie eine nachhaltige Wirkung erzielt haben. Vor allem die genea-
logischen Studien und die Erkenntnisse zum ritterlichen und senatorischen Ämterwesen
waren die wesentlichen Grundlagen für ihre Bearbeitungen der Personenartikel in der
214 Vgl. dazu Weiler, Geschichte (wie Anm. 30) 94–96.
215 Eine Bibliografie der Arbeiten Steins stammt von Ladislaus Vidman, Eunomia 2,1, in : Listy filologické 6
(1958) 40−49. Für Groag bildet eine solche Zusammenstellung ein Desiderat.
216 Im UAP befindet sich ein Teil der Korrespondenz Bormanns mit Mommsen und Hirschfeld, den Jana Kepar-
tová bearbeitet und der sich unter anderem auch auf Bormanns Mitarbeit am CIL bezieht.
Abb. 9 : Arthur Stein 1947
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien