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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Page - 186 -
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Page - 186 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2

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186 Hans Aurenhammer digma der Wiener Schule an einer (bis heute) ungelösten Streitfrage auf die Probe. Kann der voraussetzungslos, eben als ein „Rätsel“ erscheinende Naturalismus der niederländi- schen Maler des 15. Jahrhunderts historisch abgeleitet werden ?90 Dabei verwirft Dvořák, immerhin doch ein gelernter Historiker, alle kultur- und sozialgeschichtlichen Erklärungs- modelle (niederländischer Volkscharakter, Aufstieg des Bürgertums, wirtschaftliche Prospe- rität, „Verweltlichung der Kunst“ usw.) als „transzendente“, also den künstlerischen Bereich verlassende Parallelisierungen91. Die Antwort liegt allein in der Immanenz der Kunstge- schichte : Jan van Eycks revolutionäre Öffnung gegenüber der empirischen Wirklichkeit war keine Zäsur, sondern „die langsam gereifte Frucht der ganzen langen vorangehenden Entwicklung der gotischen Malerei“92. Seit ihren Anfängen im 12. Jahrhundert habe diese die Wiedergabe der sichtbaren Welt immer mehr perfektioniert, bis sie – wie dies Dvořák schon in seinen Studien über die böhmische Buchmalerei aufgezeigt hatte93 – im 14. und frühen 15. Jahrhundert ihre naturalistischen Interessen mit den Darstellungstechniken des italienischen Trecento verband. Eine lückenlose genetische „Entwicklungskette“94 führt also bis zum Genter Altar, zur Kunst der Brüder Van Eyck. Damit ist das Kontinuum jedoch nicht zu Ende : „Zwischen den Skulpturen von Chartres und dem Genter Altare, zwischen dem letzteren und Rembrandt, zwischen Rembrandt und der Kunst unserer Tage liegt eine nicht minder geschlossene und ein- heitliche Entwicklung, als etwa zwischen dem Äginetenfriese, der Ringergruppe in den Uffizien, dem Titusbogen und den Odysseuslandschaften im Vatikan.“95 Das Mittelalter bedeutet keinen Rückschritt, sondern ist eine notwendige, wenn nicht überhaupt die entscheidende Phase in der die Malerei der Gegenwart vorbereitenden Entwicklung. Das universalhistorische (und gleichzeitig übernationale) Panorama, in dem Dvořák die antike und die nach antike Kunst erfasst, ist wie bei Riegl und Wickhoff teleologisch ausgerichtet. Das Ziel – und gleichzeitig auch der Standpunkt der retrospektiven Beurteilung – ist die „Kunst unserer Tage“, unter der Dvořák 1904 noch den Naturalismus bzw. den Impressi- onismus als dessen Vollendung versteht. Bis zu seinen spätesten Schriften, über alle Revisi- onen und Krisen hinweg, bleibt Dvořáks Rekonstruktion der Kunsthistorie von einer sol- cherart aktualisierenden, von der Moderne aus argumentierenden Perspektive bestimmt. Er knüpft hier v. a. an Wickhoff an (dessen „Wiener Genesis“ entstammt ja auch das 90 Dvořák, Rätsel (wie Anm. 89) 18. 91 Ebd. 14. 92 Ebd. 237. 93 Vgl. v. a. Dvořák, Illuminatoren (wie Anm. 16) 167–207 („Italienischer Einfluss nördlich der Alpen im 14. Jahrhundert“). 94 Dvořák, Illuminatoren (wie Anm. 16) 14. 95 Ebd. 241.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
2
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
678
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien
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