Page - 215 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
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Martin Wutte (1876–1948) 215
Die Interessen der slowenischsprachigen Landesbevölkerung, gleich ob mit oder ohne
Verknüpfung nationaler Ziele, wurden lange Zeit hauptsächlich von Klerikern wahrge-
nommen, die über die erforderliche Schrift- und Sprachkompetenz verfügten. Den geist-
lichen Würdenträgern standen Politiker, zunächst vorwiegend aus dem deutschnational-
liberalen, später auch aus dem sozialdemokratischen Lager gegenüber. In Kärnten zeitigte
diese Auseinandersetzung vor allem für den slowenischen Klerus eine dramatische, nach
1918 eine die Existenz bedrohende Entwicklung59.
Zurück zur „Geschichte im Ich“ : Nach einer kurzen Darstellung der weiteren Gymna-
sialzeit60 skizziert Wutte sein Studium an der Universität Graz61 und führt Lehrende an :
„Franz v. Krones, der liebenswürdige Vertreter der österreichischen Geschichte, Johann
Loserth, bekannt als Geschichtsschreiber der innerösterreichischen Gegenreformation,
vor allem aber der Geograph Eduard Richter“62, den Wutte ausführlich würdigt : „Als
Mensch und Gelehrter gleich ausgezeichnet, wurde Richter ein Bahnbrecher auf dem Ge-
biete der historischen Geographie, von der Akademie der Wissenschaften mit der Heraus-
gabe eines historischen Atlas der österreichischen Alpenländer betraut. Ich wurde zu seinem
2. Assistenten bestellt. So kam ich in das Fahrwasser der historischen Geographie, das ich
zeit meines Lebens nicht mehr verließ. Richter hat mir auch den Weg zum Studium der
sprachlichen und völkischen Entwicklung meines Heimatlandes gewiesen, indem er mir
59 Ausführlicher dazu : Peter G. Tropper, Nationalitätenkonflikt. Kulturkampf. Heimatkrieg. Dokumente zur
Situation des slowenischen Klerus in Kärnten von 1914 bis 1921 (Das Kärntner Landesarchiv 28, Klagenfurt
2002) bes. 24–27 und 30–33.
60 Ab der fünften Gymnasialklasse erhielt Wutte ein „von der zuständigen Kommission der k. k. Kärntner Lan-
desregierung“ finanzierten Stiftsplatz. Dekret im Familienarchiv Wutte, Schachtel V, zitiert nach Tosoni,
Wutte (wie Anm. 33) 8.
61 „Am 30. August 1896 gewährte die k. k. Landesregierung Wutte ein jährliches Stipendium in der Höhe von
250 Gulden aus dem Studienkonviktsfond für die Dauer der ordentlichen Universitätsstudien.“ Dekret im
Familienarchiv Wutte, Schachtel V, zitiert nach Tosoni, Wutte (wie Anm. 33) 8.
62 Wutte, Lebenslauf 1949 (wie Anm. 36) 5. Tosoni nennt weitere Lehrer : Franz Martin Mayer, Anton Mell,
Adolf Bauer und Hans von Zwiedineck-Südenhorst. Letztgenannter war laut Tosoni „ein Vertreter der ge-
samtnationalen Verbundenheit innerhalb der deutsch-österreichischen Historiographie. Er huldigte einer aus-
geprägten deutschnationalen Geschichtsanschauung verbunden mit dem Wunsche seine Heimat Österreich
einem kommenden großdeutschen Staate einverleibt zu sehen. Dies waren Gedanken, die auch den jungen
Wutte bewegten.“ Tosoni informiert auch über den Studienabschluss : Demnach hat Wutte einen Teil seines
Studiums im März 1901 mit der Promotion abgeschlossen ; das Dissertationsthema lautete : „Die Reformation
und Gegenreformation in Villach“. Für die Ablegung des ersten und zweiten Rigorosums hatte der Dissertant
von der k. k. Landesregierung in Klagenfurt im Oktober 1900 einen Zuschuss von 500 Kronen erhalten. Im
„Februar 1901 verlieh ihm die k. k. steiermärkische Statthalterrei 800 Kronen für das Studienjahr 1901 aus
dem Maria Wiltschen Stiftungsstipendienfond.“ 1902 schloss Wutte seine akademische Laufbahn mit einer
Hausarbeit und der Lehramtsprüfung aus Geschichte und Geografie als Hauptfächer und Germanistik als
Nebenfach, ab. Angaben nach Tosoni, Wutte (wie Anm. 33) 12f. Tosoni verweist auf entsprechende Dekrete
im Familienarchiv Wutte, Schachtel V.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien