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274 Martina Pesditschek
in der Armee, und zwar bei der Artillerie in Tirol68. Auf diese Weise stellte er völlig außer
Zweifel, dass er trotz seinem verdächtigen Familiennamen69 Serbien und allen anderen
Feinden der Monarchie das „Sterbien“ wünschte. An der Universität Graz freundete er sich
mit dem weit rechts stehenden Geografen Robert Sieger70 an und trat 1917 gemeinsam mit
diesem dem neu gegründeten slawophoben Verein „Mitteleuropäischer Staatenbund“ bei,
der auf einem „Herrenrecht der Deutschösterreicher“ bestand71. 1917 erschien von Srbik
auch eine weitere Monografie mit einem Thema ganz in der Linie Dopschs, „Studien zur
Geschichte des österreichischen Salzwesens“72. Wenn es auf den ersten Blick auch reichlich
kurios und eskapistisch anmutet, dass ein österreichischer Historiker im Krisenjahr 1917
über kein anderes Thema als die Geschichte des einheimischen Salzwesens zu publizieren
wusste, so verfügen diese wirtschaftshistorischen Arbeiten Srbiks tatsächlich auch noch
heute über einen weit größeren Informationswert als viele seiner späteren ideologisch be-
frachteten Publikationen – schließlich war Dopsch der einzige österreichische Historiker,
der mit der so zukunftsträchtigen französischen „Annales“-Schule in Kontakt stand73. Erst
1919 erfolgte an der Universität Graz die Einrichtung eines eigenen Seminars für Neuere
Geschichte74, und 1921 unterstützte Srbik gemeinsam mit seinem Kollegen Wilhelm Er-
ben die dann gleichwohl neuerlich aus frauenfeindlichen Gründen abgelehnte Habilitation
der Professorentochter Mathilde Uhlirz75.
V.
Srbiks erster historischer Aufsatz mit Zeitbezug erschien 1919, also nach dem Ende der
Monarchie, und handelte vordergründig nicht über die gerade geschehene, sondern über
68 Zu Srbiks Militärzeiten siehe General im Zwielicht 1 (wie Anm. 15) 403 Anm. 384 ; Derndarsky, Öster-
reich (Bibl.) 48–50 ; Lönnecker, Thema (wie Anm. 27) 56, 186.
69 Vgl. Srbik, Korrespondenz (Bibl.) Nr. 132 (24.07.1925) : Ich habe trotz meines slawischen Namens seit Jahrzehn-
ten den nationalen Kampf gegen die Feinde des Deutschtums […] mitgekämpft […].
70 Siehe zuletzt Gregor Gatscher-Riedl, Sieger, Robert d. J., in : ÖBL 12 (2005) 238.
71 Derndarsky, Österreich (Bibl.) 53f.; Moos, Bildungsbürgertum (Bibl.) 10.
72 (Forschungen zur inneren Geschichte Österreichs 12, Innsbruck 1917).
73 Vgl. bes. Schöttler, Varga (wie Anm. 53) 19–21, 36–38. Srbik selbst hat gemäß einer bei Pitcher, Srbik
(Bibl.) 265 Anm. 38, wiedergegebenen Auskunft von Taras (von) Borodajkewycz nach 1918 keinerlei Interesse
an Wirtschaftsgeschichte mehr gezeigt.
74 Höflechner, Institut (wie Anm. 55) 214.
75 Fritz Fellner, Frauen in der österreichischen Geschichtswissenschaft, in : Fellner, Geschichtsschreibung
(Bibl.) 92–128, hier 98 ; zu Uhlirz siehe zuletzt Anne-Katrin Kunde, Mathilde Uhlirz (1881–1966). Jenseits
der Zunft. Prozesse der Selbstbehauptung in Leben und Wissenschaft, in : Österreichische Historiker (wie
Anm. 7) 461–491, hier 470 und 474.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien