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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
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Page - 295 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2

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Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951) 295 gab sich Srbik, wiewohl tatsächlich zur Konversation in keiner einzigen lebenden Fremd- sprache (auch nicht Französisch !) befähigt179, gerne als Befürworter einer internationalen wissenschaftlichen Kooperation aus – so setzte er sich Anfang der 1930er-Jahre für einen Literaturaustausch mit den Siegermächten Frankreich und Belgien ein180 und vertrat nach seinem Ausscheiden aus der Regierung von 1931 bis 1935 Österreich als Mitglied der 1922 als Unterorganisation des Völkerbundes gegründeten Commission (auch : Comité) Internationale de Coopération Intellectuelle, der unter anderem auch Johan Huizinga, Marie Curie und Albert Einstein angehörten181 –, aber selbst unter den schon etablierten Historikern des Dritten Reiches waren die überzeugten Nationalsozialisten bei Weitem in der Minderzahl182, sodass sich damals ergo weder für einen prinzipiellen Opportunisten noch für einen Geltungsmenschen ein allzu eifriges und einseitiges Bekenntnis zum Na- tionalsozialismus empfahl. Gleichwohl ist in dieser Periode Srbik offensichtlich sowohl von vielen Nazis selbst wie auch von NS-Gegnern als ein ziemlich überzeugter Nationalsozialist wahrgenommen 179 Vgl. Srbik, Korrespondenz (Bibl.) Nr. 326 : […] meine sprachliche Gewandtheit in französischer (und englischer) Konversation zu gering ist ; als Bonjour im Spätsommer 1938 auf dem 8. Internationalen Historikerkongress in Zürich den mit einem Gefolge junger deutscher Historiker, die wir maliziös seine Knüppelgarde nannten, auftretenden Srbik als Vertreter des Gastgeberlandes mit dessen französischem Kollegen Pierre Renouvin (1893–1974) bekannt machte und sich der Biograf Metternichs einer Konversation mit der Begründung entzog, dass er kein Französisch verstehe (Erdmann, Ökumene [wie Anm. 170] 244), muss also gar keine (Not-)Lüge vorgelegen sein, mit deren Hilfe Srbik einem unangenehmen Gespräch über den „Anschluss“ aus dem Weg gehen wollte ; entsprechende Vorhaltungen wollte ja auf besagtem Kongress laut Erdmann, 245 später der Däne Aage Friis (1870–1949) sowohl Srbik wie dessen Landsmann Harold Steinacker gemacht haben. (Jetzt haben Sie hundertausende [sic] deutscher Südtiroler den Italienern preisgegeben, und jetzt lassen Sie in Deutschland mit raffinierter Bosheit hunderttausende von Juden verhungern, etwas viel Schlimmeres als wenn die Bolschewiken ihre Feinde sofort totschlagen. Und das geschieht nicht in einem barbarischen Osteuropa, sondern in Staaten, die wir als Zentralplätze menschlicher Kultur betrachten.) 180 Vgl. Matthias Steinbach, Des Königs Biograph. Alexander Cartellieri (1867–1955). Historiker zwischen Frankreich und Deutschland (Jenaer Beiträge zur Geschichte 2, Frankfurt/M. 2001) 217. Während seines „Wiener Semesters“ im Frühling 1947 fiel dem Schweizer Historiker Jean Rudolf von Salis bei „der Besich- tigung der Bibliothek des Historischen Seminars“ freilich auf, „daß die Standardwerke der englischen und französischen Geschichtswissenschaft fehlten“, wofür sich ihm folgende Erklärung aufdrängte : „Heinrich von Srbiks Geschichtsbild und politisches Bekenntnis waren großdeutsch gewesen. […] Das alte Öster- reich-Ungarn und der Balkan waren hier ein Gegenstand umfangreicher wissenschaftlicher Forschung. Die westliche und die überseeische Welt aber scheinen abseits von der Aufmerksamkeit gelegen zu haben.“ So Jean Rudolf von Salis, Grenzüberschreitungen. Ein Lebensbericht 1 : 1901–1939, 2 : 1939–1978 (Zürich 1975/78), hier 2 277 ; tatsächlich könnten die bemerkten Lücken in der Bibliothek aber auch einfach auf Devisenmangel und Unterdotierung beruht haben. 181 Derndarsky, Österreich (Bibl.) 245f.; Näf, Srbik (Bibl.) 99f.; Christoph Strupp, Johan Huizinga. Ge- schichtswissenschaft als Kulturgeschichte (Göttingen 2000) 269 ; Erdmann, Ökumene (wie Anm. 170) 244. 182 Vgl. etwa Schwabe, Geschichtswissenschaft (wie Anm. 149) 82–86.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
2
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
678
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien
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