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Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951) 297
von drei der „nationalen Opposition“ zugestandenen Staatsratsposten vorgesehen hat188,
erklärt sich natürlich auch nur aus einer langjährigen Einschätzung Srbiks als Vormann
der österreichischen Befürworter eines baldigen „Anschlusses“ an Nazideutschland.
X.
Nach dem Advent von 1933 bis 1938 dürfte Srbik im Frühjahr und Sommer 1938 dann
tatsächlich Wochen, ja Monate der Euphorie durchlebt haben, und insofern mag Reinal-
ter Srbik mit Recht als zu dieser Zeit „von einem fremden Willen usurpiert“ bezeichnet
haben189. Der „Minister a.D.“ brannte in dieser Zeit ein Feuerwerk von Jubelartikeln
in diversen Zeitungen und Zeitschriften vom „Völkischen Beobachter“ abwärts oder
aufwärts ab190, beschloss auch private Briefe mit „Heil Hitler !“191 und konnte es sich
auch nicht versagen, Näf, einem langjährigen und gewiss nie selbst als naziphil erschie-
nenen Briefpartner, von der einmaligen Tat eines Österreichers vorzuschwärmen192, wo-
rauf dieser seinen Enthusiasmus dann auch demonstrativ nicht teilte193. In diese Periode
fallen auch seine jeweilige Annahme der Bestellung bzw. „Wahl“194 (am 1. April 1938
in einer außerordentlichen Gesamtsitzung) zum Präsidenten der Akademie der Wissen-
schaften in Wien – der damalige „Reichsstatthalter“ Seyß-Inquart195 und der damalige
188 Volsansky, Pakt (wie Anm. 165) 101.
189 Reinalter, Srbik (Bibl.) 82f.
190 Schönwälder, Srbik (Bibl.) 532, 534 mit ausführlichen Quellenzitaten ; vgl. dies., Historiker (wie Anm.
5) 183, 350 Anm. 299, 364 Anm. 573f.; Pitcher, Srbik (Bibl.) 197 ; zum Inhalt vgl. noch Heiss, Ver-
gangenheit (wie Anm. 123) 50 ; eine einschlägige Bibliografie bis Anfang 1938 bei Wilhelm Deutsch,
Verzeichnis der Schriften Heinrichs von Srbik, in : Monatsblatt des Vereines für Geschichte der Stadt Wien
20 (1938) 173 (Nr. 10/12 : „Festgabe Heinrich von Srbik zu seinem 60. Geburtstag am 10. Nov. 1938 darge-
bracht“).
191 Pitcher, Srbik (Bibl.) 209 Anm. 3 nach einer persönlichen Mitteilung Wandruszkas ; der letzte private Brief
Srbiks an Wandruszka mit einem solchen Gruß datierte vom 18.08.1938.
192 Srbik, Korrespondenz (Bibl.) Nr. 310 vom 12.04.1938.
193 Aber wird das Resultat des großdeutschen nationalen Staates nicht mit teuersten menschlichen und menschheitli-
chen Werten erkauft ?, Brief vom 23.04.1938, vgl. Srbik, Korrespondenz (Bibl.) Nr. 311 sowie Peter Stad-
ler, Die „Deutsche Frage“ in der deutschschweizerischen Geschichtswissenschaft nach 1945, in : Deutsche
Geschichtswissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg (1945–1965), hg. v. Ernst Schulin, Elisabeth Mül-
ler-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 14, München 1989) 236 ; vgl. auch Peter
Stadler, Das schweizerische Geschichtsbild und Österreich, in : Schweiz – Österreich. Ähnlichkeiten und
Kontraste, hg. v. Friedrich Koja, Gerald Stourzh (Studien zu Politik und Verwaltung 14, Wien/Köln/Graz
1986) 33–47, hier 45.
194 Herbert Matis, Zwischen Anpassung und Widerstand. Die Akademie der Wissenschaften in den Jahren
1938–1945 (Wien 1997) 16.
195 Hingerichtet in Nürnberg ; siehe zuletzt D[ieter-]A[nton] Binder, Seyss-Inquart Arthur, in : ÖBL 12 (Wien
2005) 213f. mit Literatur ; Art. „Seyß-Inquart, Artur“, in : Klee, Personenlexikon (Bibl.) 580.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien