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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
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Page - 311 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2

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Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951) 311 parzerpreis gegen den Einspruch des Reichsministers Göbbels [!] aufrechterhalten, habe den Angriff des Reichspro- pagandaamtes gegen die weitere Herausgabe des „Archivs für österreichische Geschichte“ durch die Akademie abgewehrt, wie ich auch als Vorsitzender der „Kommission für neuere Geschichte Österreichs“ die […] verlangte Änderung des Namens in „Kommission für neuere Geschichte der Ostmark“ abwies und verhinderte ; als weiteres Beispiel für wenigstens einige bescheidene Erfolge nennt er die Ermöglichung der Abraham-a-S[ancta]-Clara- Ausgabe […]. Die Akademie hat durch diese […] Edition eine Ehrenpflicht gegenüber dem großen Augustiner- eremiten […], eine Ehrenpflicht gegenüber der Heroenzeit Altösterreichs erfüllt. Schließlich verweist er noch auf eine Episode, die sich durch ein halbes Jahr bis in den Januar 1945 hinzog : auf die Anklage, die von Wien aus gegen mich beim Reichsminister Rust erhoben wurde, da ich für den greisen Erzherzog Eugen, den letzten Kurator und das langjährige Ehrenmitglied der Akademie[,] eine Glückwunschadresse der Akademie,[sic] zur Vollendung seines achtzigsten Lebensjahres verfaßte und ihm überreichte […]. Nach hartem Ringen ist es mir gelungen, mir und der Akademie die gebührende schriftliche Genugtuung des Ministers Rust und des Reichsleiters Schirach zu erkämpfen ; was den zuletztgenannten Erfolg anlangt, hat Srbik völlig übersehen, dass ihm viel- mehr ein Ausbleiben der „Genugtuung“ von seiten der Herren Rust und Schirach zur Ehre gereicht hätte. Was Mell betrifft, so war dieser als prononciert katholischer Dichter und Schriftsteller natürlich nicht bei allen Nationalsozialisten wohlgelitten ; er hat aber seinerzeit als Weggenosse Srbiks den „Anschluss“ an Nazideutschland gleichfalls herbeizuschreiben versucht und 1937 (wie vor ihm Srbik und Weinheber) den Mozart-Preis zugesprochen bekommen ; als ihm der Grillparzer-Preis verliehen wurde, war er noch Anwärter auf die Parteimitgliedschaft ; vgl. etwa Christoph Heinrich Binder, Großdeutsche Sehnsüchte und nationalsozialistische Wirklichkeit. Max Mells Haltung in den Jahren 1933 bis 1945, in : Blätter für Heimatkunde 63 (1989) 3–9 und bes. Karl Müller, Zäsuren ohne Folgen. Das lange Leben der literari- schen Antimoderne Österreichs seit den 30er Jahren (Salzburg 1990) 288–301. Über die Art und Weise, wie Srbik die Preisverleihung an Mell gegen den Willen von Goebbels letztlich doch durchsetzte, kursierten verschiedene Versionen ; bei Spitzmüller, Ursach (wie Anm. 154) 404 heißt es : „Als […] hierauf die Akademie unter Srbiks Vorsitz den Beschluß faßte, in diesem Jahr den Grillparzerpreis überhaupt nicht zu verleihen, lenkte das Propagandaministerium ein, da ein solches Vorgehen gerade im Gedenkjahr des 150. Geburtstages des Dichters unliebsames Aufsehen erregt hätte.“ Laut Walter Thomas, Bis der Vorhang fiel. Nach Aufzeichnungen aus den Jahren 1940 bis 1945 (Dortmund 1947) 163f. senkte Srbik hingegen „den Preis so, daß er sich der Genehmigungspflicht der Berliner Aufsichtsbehörde entzog“, und ist Goebbels zu dessen maßloser Verärgerung richtig düpiert worden ; es ist die letztere Version, die besser zu der Aktenlage passt, siehe Archiv der ÖAW, Grillparzerpreis 1941. Die Glückwunschadresse an den Erzherzog ist im Übrigen von allen Parteigenossen unter den Akademiemitgliedern einstimmig gebilligt worden, vgl. Luza, Österreich (wie Anm. 229) 206. So sieht man denn in diesen Aktionen am besten einfach bloß Schelmen- streiche, die die Wiener Nazis mit Srbik als ihrem Vormann den Nazis aus dem „Reich“ spielten. Spitz- müller, 404 hebt als ein weiteres Beispiel für Srbiks „Mannesmut“ als Akademiepräsident noch hervor, dass in der „ersten Sitzung der Akademie nach dem Anschluß“ „der Generalsekretär der Akademie“ einen „Jahresbericht verlas“, in dessen Rahmen auch drei jüngst verstorbene Akademiemitglieder jüdischer Her- kunft gewürdigt wurden. „Als ich Srbik nach der Sitzung fragte, wie er dies zustandegebracht habe, teilte er mir mit, daß in der Tat die Eliminierung der Würdigung der drei jüdischen Gelehrten von der Gauleitung gefordert worden war, daß er aber erklärt habe, in diesem Falle die Sitzung nicht abhalten zu können, da er die Akademie durch die Verschweigung dieser Namen nicht international blamieren könne.“ Aber 1938 waren eben „die letzten Masken“ noch nicht gefallen, „die man sich damals noch vorhielt, um das Ausland nicht das wahre Gesicht sehen zu lassen“ (Thomas, 50), und in Sonderheit mochte Srbik damals um seine eigene Reputation in den noch freien Teilen Europas gefürchtet haben. Nicht erwähnt hat Srbik hier natür- lich etwa sein Eintreten für den dezidierten NS-Literaten Erwin Guido Kolbenheyer (1878–1962), der am 27.05.1941 zum Ehrenmitglied der Gesamtakademie gewählt wurde, womit Srbik vermeinte, „ein starkes
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
2
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78764-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
678
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien
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