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Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951) 313
der österreichischen katholisch gebundenen Srbik-Schule gelten, denn die Geschichts-
auffassung, die eine katholische übernationale „Reichsidee“ als diskutabel und nur
durch die ‚böse‘ Macht (Preußen) überwunden ansieht, ist für den Nationalsozialismus
untragbar.“257
Noch aggressiver äußerte sich in einem internen Gutachten Ulrich Crämer, der sich
im Zwist zwischen Srbik und Bibl um Metternich ganz auf Bibls Seite schlug : Srbik sei
ein Rattenfänger von Hameln, mit allen Mitteln echt jesuitischer Verdrehungskunst mache
er aus Schwarz Weiß ; der kleine Metternich habe es als Meister der Intrige und Verstellung
sogar verstanden, selbst den Führer zu täuschen258. Auch die Dozentenschaft der Univer-
sität Wien stand Srbik kritisch gegenüber259. Wirklich geschadet haben ihm solche im
Rahmen der NS-Polykratie ja überhaupt nicht unüblichen Attacken und Feindseligkeiten
aber offenbar nicht, er erhielt unter anderem 1942 das Goldene Treudienstehrenzeichen
und 1943 die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen260.
257 Hermann Löffler, Die Lage in der deutschen Geschichtswissenschaft. Vortrag gehalten am 17.03.1941
auf der Tagung der Kulturreferenten des Amtes III C des Reichssicherheits-Hauptamtes, in : Joachim Ler-
chenmueller, Die Geschichtswissenschaft in den Planungen des Sicherheitsdienstes der SS. Der SD-His-
toriker Hermann Löffler und seine Gedenkschrift „Entwicklung und Aufgaben der Geschichtswissenschaft in
Deutschland“ (Archiv für Sozialgeschichte, Beiheft 21, Bonn 2001) 256f.
258 Jedlitschka, Prüfungskommission (wie Anm. 8) 221–223. Vgl. auch Ulrich Crämer, Der große Fried-
rich. Eine Betrachtung des 17. August 1936, in : Vergangenheit und Gegenwart 26 (1936) 454–469, und u.a.
die weitere bei Derndarsky, Historie (Bibl.) 165 erwähnte Kritik von NS-Seite, der unbedingt auch noch
Heft 2 des 16. Jahrgangs der Martin Bormann nahestehenden Zeitschrift „Die Weltliteratur“ (vgl. zu dieser
jetzt Frank-Rutger Hausmann, [Rez. zu :] Nationalsozialismus als Ersatzreligion : Die Zeitschriften „Welt-
literatur“ und „Die Weltliteratur“ [1935/1944] als Träger nationalsozialistischer Ideologie ; zugleich ein Bei-
trag zur Affäre Schneider/Schwerte/Josef Thomik. Bearb. und hrsg. von Josef Schreier. Geleitwort von Hugo
Dyserinck. – Aachen […] 2009 […], in : Informationsmittel (IFB) : digitales Rezensionsorgan für Bibliothek
und Wissenschaft [letzter Zugriff 12.04.2010]) aus dem Jahr 1941 an die Seite zu stellen ist, in dem gleich in
mehreren Beiträgen heftige Kritik an der „Wiener Schule“ von Srbik und Nadler geübt wurde, vgl. Ludwig
Jedlicka, Vorgeschichte und Geschichte des Zweiten Weltkriegs, in : Österreichische Zeitgeschichte im
Geschichtsunterricht. Bericht über die Expertentagung von 14. XII. bis 16. XII. 1960 in Reichenau (Wien
1961) 60–82, hier 81 und Holger Dainat, Germanistische Literaturwissenschaft, in : Die Rolle der Geistes-
wissenschaften im Dritten Reich 1933–1945, hg. v. Frank-Rutger Hausmann unter Mitarbeit von Elisabeth
Müller-Luckner (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 53, München 2002) 63–86, hier 84.
Auch das Amt Rosenberg stellte zwar fest, dass Srbik „als Forscher und Charakter nicht zu beanstanden“ sei,
bemängelte aber in ähnlicher Weise, dass seine „Geschichtsauffassung […] jedoch zu sehr auf dem universa-
listischen Reichsgedanken“ beruhe ; BAB, NS 18/307, Bl. 52, 55 ; vgl. Helmut Heiber, Universität unterm
Hakenkreuz I : Die Professoren im Dritten Reich. Bilder aus der akademischen Provinz (München/London/
New York/Paris 1991) 376. Vgl. weiters u.a. auch Schönwälder, Historiker (wie Anm. 5) 313 Anm. 105
für ein Schreiben aus dem „Stab des Stellvertreters des Führers“ an das Amt Rosenberg vom 26.02.1941, in
dem Srbik mit anderen Historikern konfessioneller Bindungen verdächtigt wurde.
259 Heiss, Vergangenheit (wie Anm. 123) 55.
260 Derndarsky, Österreich (Bibl.) 84 Anm. 2.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 2
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78764-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 678
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien