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6 Einführung
sind Korrespondenzen von Impresari, unter denen sich sowohl Vertreter anderer Berufs-
sparten des Opernbetriebs (Komponisten und Sänger) als auch betriebsfremde Querein-
steiger (Abenteurer, Spekulanten) befanden, die in dem Wirtschaftsbetrieb Oper ein
lohnendes Geschäft sahen. Zudem konnte diese Profession mit recht unterschiedlichen
institutionellen Konstellationen verbunden sein (Impresario einer Operntruppe, Pächter
und Impresario eines öffentlichen Opernhauses, Impresario im Dienste einer von einem
Adelskollektiv verwalteten Bühne oder eines Hoftheaters usw.), und daraus resultierten
auch von Fall zu Fall differierende Kompetenzen. Entsprechend breit gefächert ist das
Spektrum der Schriftstücke, die aus dem Umfeld der Impresari erhalten sind: Es reicht
von privaten Schreiben bis hin zu of¿ziellen Briefen im Auftrag einer Institution oder
eines Kollektivs. Beispiele dafür sind der eher private Brief von Carlo Francesco Mattei,
Impresario des Teatro Argentina in Rom, vom 10. Februar 1756 an Gaetano Grossatesta,
Impresario des Teatro San Carlo in Neapel,27 in dem er über die Produktion von Glucks
Antigono berichtet, oder die Briefe der Gebrüder Mingotti.28 Einem kollektiven Im-
presariat zuzuordnen sind hingegen die sieben der im Namen der Theaterleitung des
Theaters in Bologna verfassten Schreiben des Grafen Luigi Bevilacqua aus der Zeit von
Juli 1762 bis Mai 1763,29 in denen er über einen Mittelsmann Vertragsverhandlungen
mit Gluck führte. Umfangreichere, einem Impresario zuzuordnende Briefbestände sind
nach dem gegenwärtigen Forschungsstand für das 18. Jahrhundert nicht überliefert.30
Schriftwechsel wurden nur mit nicht ortsansässigen, meist ihrerseits mobilen Opern-
künstlern geführt, also vor allem mit Komponisten und Sängern. Außerdem dürften ein
Wechsel im Impresariat einer Bühne und die häu¿gen Theaterbrände so manchen Brief-
bestand vernichtet haben.
Die Mobilität der Opernschaffenden dürfte überhaupt ein entscheidender Grund für
die geringe Überlieferung beruÀicher oder privater Korrespondenzen gewesen sein. Ins-
besondere im Falle der Sänger gibt es, sofern man im hö¿schen Kontext gestellte dienst-
liche Gesuche ausklammert, weit gestreute Einzelschreiben. Als Beispiel dafür kön-
nen z. B. drei Briefe von Giovanni Carestini an den Marchese degli Obizzi in Padua
aus der ersten Hälfte des Jahres 1743 gelten,31 oder Briefe von Sängern im Fondo Greppi
des Archivio di Stato zu Mailand.32 Dadurch ergibt sich bei den eigentlichen Protago-
27 Vgl. Della Seta, Fabrizio: Il Relator sincero (Cronache teatrali romane, 1739௘ –1756), in: Studi
Musicali IX (1980), S. 73–116: 11f.
28 Siehe die im Pirker-Bestand enthaltenen Schreiben Pietro Mingottis, den Brief Angelo Mingottis
an Carl Eugen von Württemberg (௘ HStAS, Signatur A 21 Bü 620, cc. 233௘
–௘ 234௘ ) oder die von
Juliane Riepe entdeckte Korrespondenz Angelo Mingottis mit dem Kurfürstlichen Hof in Bonn
(Archiv der Freiherren von Boeselager, Burg Heimerzheim).
29 Bern, Schweizer Nationalbibliothek, Sammlung Liebeskind, MLHs 133.
30 Richard Erkens sei an dieser Stelle für aufschlussreiche Hinweise herzlich gedankt.
31 Biblioteca Estense Modena, Fondo Campori. Siehe dazu auch Korsmeier, Claudia Maria: Der
Sänger Giovanni Carestini (1700௘ –1760) und „seine“ Komponisten. Die Karriere eines Kastraten
in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Eisenach 2000.
32 Siehe z. B. Filippo Laschi, Brief vom Oktober 1758, Greppi Ms 336.7.
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Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Volume 1 & 2
- Title
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Subtitle
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Volume
- 1 & 2
- Editor
- Daniel Brandenburg
- Publisher
- Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 1048
- Category
- Kunst und Kultur