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8 EinfĂĽhrung
und der Schreibstil (inklusive Schrift) Marianne Pirkers legen hingegen nahe, dass sie
keine so fundierte Schulbildung genossen hatte wie ihr Ehemann. Dennoch vermag auch
sie sich auf Italienisch verständlich zu machen. Die umgangssprachliche, zuweilen un-
beholfene Ausdrucksweise ihrer deutschen Briefe Âżndet sich auch dann wieder, wenn sie
auf Italienisch schreibt. Gedanken und Sätze bleiben nicht selten unvollendet und sind
häu¿g nur nachlässig formuliert und hingeschrieben. Franz und Marianne benutzen das
Italienische in ihrer Korrespondenz immer dann, wenn Giuseppe Jozzi den jeweiligen
Brief mitlesen soll, oder wenn Franz beim Abfassen eines Schreibens nicht ganz ungestört
ist und unbefugte Mitleser fĂĽrchtet.
Die italienische Sprache dĂĽrfte auch auĂźerhalb Italiens in dem von Italienern be-
stimmten Opernbetrieb die gängige beruÀiche Umgangssprache gewesen sein. Kenntnisse
des Französischen, der Sprache der gehobenen Gesellschaft, mit der die Operisti eben-
falls Umgang pÀegten, waren aber sicherlich auch von Nutzen. Da ein Postskriptum
zu einem Brief Mariannes an Franz vom 25. Oktober 1748 (60) von der Hand Teresa
Pompeatis auf Französisch abgefasst ist, kann man davon ausgehen, dass Franz zumin-
dest Lesekenntnisse in dieser Sprache besaß. Der – neben Franz und Marianne Pirker –
dritte Hauptschreiber des Briefwechsels, der Kastrat Giuseppe Jozzi, verfasste seine
Briefe hingegen ausschließlich auf Italienisch und scheint, abgesehen von Französisch,
keine weitere Fremdsprache beherrscht zu haben. Als Muttersprachler beachtete er die
italienische OrthograÂże genauer, als das bei Franz und Marianne Pirker der Fall war,
die bisweilen ein wenig „nach Gehör“ schrieben. Jozzi bediente sich eines umgangs-
sprachlichen, sehr emotionalen Briefstils, der durch häu¿ge Verwendung von Kraftaus-
drücken und Injurien geprägt ist, nicht selten mit sexuellen Anspielungen.
1.3. Franz Pirker als Chronist von Gesellschaft und Oper
Franz Pirker ist ein aufmerksamer Berichterstatter nicht nur von Ereignissen, die die
Londoner Gesellschaft bewegten, sondern auch von neuen Entwicklungen im Londoner
Opernbetrieb. Die recht große Anzahl der von ihm erwähnten Diplomaten, deren Rang
(vom Gesandten über den Legationssekretär bis hin zum „Sekretär“) nicht in jedem
Einzelfall genau festzustellen ist, lässt ferner erkennen, wie eng Opernbetrieb, Musiker-
kreise und gesellschaftliches Leben in London miteinander verwoben waren und welch
hohen Stellenwert die diplomatischen Kreise für das europäische Musiker- und Opern-
netzwerk hatten.
Im Mai des Jahres 174936 befasste sich Franz Pirker in einem Brief an seine Frau aus-
führlich mit dem Feuerwerk, das in London am 8. Mai 1749 (stilo novo) anlässlich des
am 18. Oktober 1748 geschlossenen Friedens von Aachen veranstaltet wurde, erzählte von
einer pyrotechnischen Panne mit den fĂĽr das Ereignis gezimmerten Holzbauten und er-
wähnte die große Anziehungskraft, die dieses Fest auf das Publikum ausübte. Ungefähr
36 Brief vom 9. Mai 1749 (139).
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Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Volume 1 & 2
- Title
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Subtitle
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Volume
- 1 & 2
- Editor
- Daniel Brandenburg
- Publisher
- Ă–sterreichischen Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 1048
- Category
- Kunst und Kultur