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11EinfĂĽhrung
soll er Schulden in der Höhe von 2000 Pfund angehäuft haben,50 und im Januar 1749
musste der Earl of Middlesex mit einer Geldspritze von 200 Pfund aushelfen, um den
Spielbetrieb kurzfristig am Laufen zu halten.51 Eine Einigung auf eine monatliche Sub-
vention von 300 Pfund (50 Pfund pro Abend) erwies sich als nicht ausreichend, denn
bereits im März 1749 stellte Crosa erneut Geldforderungen in Höhe von 400 Pfund.52
Diesem Ansinnen entsprach der Earl of Middlesex aber offensichtlich nicht, denn der
Impresario ließ nur wenige Tage später Flugblätter verteilen, mit denen die Aufführung
einer neuen Oper abgesagt wurde. Der Oberaufseher der Londoner Theater, der Duke
of Grafton, zwang ihn jedoch zur RĂĽcknahme dieser AnkĂĽndigung.53 Die schwierige
Lage spiegelte sich, so kann man Pirkers Briefen entnehmen, im Versuch des Earl of
Middlesex, die Verantwortung für das Tagesgeschäft der Unternehmung auf neue Perso-
nenkonstellationen zu ĂĽbertragen: Der Theatermaler Antonio Joli, der Dichter Francesco
Vanneschi sowie sein Kollege John Lockman54 sollten auf Wunsch von Middlesex eine
Geschäftspartnerschaft mit Crosa eingehen und auf diese Weise den Betrieb fortführen.
Joli wollte sich jedoch nicht darauf einlassen55 und zog es schlieĂźlich vor, nach Spanien
abzuwandern. Ungemach drohte ferner auch durch die Pläne des Tänzers Antonio
Campioni, der am Little Theatre am Haymarket eine eigene Unternehmung eröffnen und
in Konkurrenz zum King’s Theatre Opera seria spielen wollte.56 Der Plan scheiterte, wie
oben erwähnt, an den Folgen des „Bottle Hoax“.
Trickreich verstand es der Earl of Middlesex, sich seinen Gläubigern zu entziehen.
Franz Pirker schreibt von langen Stunden des Wartens im Vorzimmer des Impresario, von
seinen Hoffnungen, durch Eingaben beim Prince und der Princess of Wales des Earl hab-
haft zu werden, und von den Kollegen, die auf ihre Weise versuchten, London wieder zu
verlassen, um andernorts Geld zu verdienen. Der Kastrat Angelo Maria Monticelli zog
gegen den Earl erfolgreich vor Gericht,57 sein Kollege Nicola Reginelli vereinbarte eine
Auszahlung in Raten,58 und der Tenor Francesco Borosini hatte sich schon längere Zeit
zuvor bei den Pirkers Geld für die Rückreise geliehen. Alle hatten das grundsätzliche
Problem, dass selbst bei regulärer Auszahlung der Gage während des Engagements
Ratenzahlung normal war und der Lebensunterhalt durch Schulden vorÂżnanziert werden
musste. In London wurde das insbesondere durch die hohen Lebenshaltungskosten ein
Problem.59 Blieb die Gage aus, so konnten die Schulden nicht abgelöst werden, und damit
50 Brief vom 28. November 1748 (78).
51 Brief vom 21. Januar 1749 (99).
52 Brief vom 21. März 1749 (118).
53 Brief vom 25. März 1749 (120).
54 Brief vom 1. November 1748 (65).
55 Brief vom 12. November 1748 (72).
56 Brief vom 9. Januar 1749 (94).
57 Brief vom 1. Oktober 1748 (36).
58 Brief vom 22. September 1748 (23).
59 Manche der Reisenden berichteten, dass die Lebenshaltungskosten doppelt so hoch seien wie in
Frankreich, vgl. Schwartz, Richard B.: Daily Life in Dr. Johnson’s London, Madison 1983, S. 45.
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Die Operisti als kulturelles Netzwerk
Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker, Volume 1 & 2
- Title
- Die Operisti als kulturelles Netzwerk
- Subtitle
- Der Briefwechsel von Franz und Marianne Pirker
- Volume
- 1 & 2
- Editor
- Daniel Brandenburg
- Publisher
- Ă–sterreichischen Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8898-8
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 1048
- Category
- Kunst und Kultur