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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
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10    Einleitung die DDR zurĂŒckkehren, wo man sie rasch in die Gesellschaft integrierte. Ihre Memoiren sind zum einen ein persönlicher Rechenschaftsversuch von ĂŒberzeug- ten Kommunist*innen vor dem Hintergrund der Erfahrung des stalinistischen Terrors, zum anderen sind sie auch der Versuch, der Viktimisierung entgegen- zuwirken und zwar durch die Favorisierung des MĂ€rtyrer-Narrativs (insbes. bei Trude Richter), das auf ein höheres Ziel, nĂ€mlich die Realisierung des Sozialis- mus, ausgerichtet ist. Die Memoiren erweisen sich, wie der Hinweis auf die Figur des MĂ€rtyrers bereits suggeriert, als „ambivalente Opfernarrative“, was detail- reich am Material aufgezeigt wird. Im Fokus des Beitrags von Ingeborg Jandl zum Thema „Weder Held noch Opfer: Trauma, IdentitĂ€t und die gesellschaftliche Position von Kriegsheim- kehrern bei Svetlana Aleksievič, Faruk Ć ehić und Andrej Gelasimov“ stehen Texte zweier russischer Autor*innen (Svetlana Aleksievič, Andrej Gelasimov) und eines bosnischen Autors (Faruk Ć ehić), die zwar verschiedenen Textsorten angehören (dokumentarisch, autobiografisch, fiktional), thematisch aber Ă€hnlich sind, da sie von Kriegsheimkehrern im spĂ€ten zwanzigsten Jahrhundert handeln (aus den Tschetschenienkriegen sowie aus dem Jugoslawienkrieg in den frĂŒhen 1990er Jahren). Der Artikel zeigt, wie in diesen Texten Opfer- und TĂ€teridentitĂ€ten ver- wischt werden bzw. sich in der Rekonstruktion der Leidensgeschichten einzelner Betroffener auflösen. Aufgezeigt wird, dass trotz der Unterschiedlichkeit der tex- tuellen ZugĂ€nge Ă€hnliche PhĂ€nomene und Konstellationen zum Tragen kommen. Schließlich wird die Frage diskutiert, inwiefern sich diese Texte im jeweiligen nationalen kollektiven GedĂ€chtnis jenseits offizieller historiografischer Diskurse verorten lassen. Das Kapitel „Konkurrenz(en) und Ambivalenz(en)“ versammelt die in einem slawistischen Bezugsrahmen situierten BeitrĂ€ge von Dagmar Gramsham- mer-Hohl, Franziska Mazi und Andrea Zink sowie von Yaraslava Ananka und Heinrich Kirschbaum. Dabei erweist sich das Konzept der „Opferkonkurrenz(en)“ als zentral. Wie schon in der theoretischen Ein fĂŒhrung ausgefĂŒhrt, unternehmen Kollektive – hĂ€ufig in identitĂ€tsstabili sierender oder -stiftender Absicht – den Versuch, das jeweils eigene Leid zu quantifizieren und zu vergleichen. Die Frage „Wer hat mehr gelitten?“, die Gramshammer-Hohl ihrem Beitrag voranstellt, bringt dies pointiert zum Ausdruck. Dieses kompetitive Moment, auf das bei- spielsweise auch Francis Fukuyama in The Demand for Dignity and the Politics of Resentment (2018) hinweist, etabliert eine wenig produktive, trennende Logik zwischen unterschiedlichen Opfergruppen und trans formiert den öffentlichen Raum in einen Kampfplatz um ein maximales Maß an Anerkennung und Mitleid – beides Voraussetzungen fĂŒr die Durchsetzung jeweils eigener Interessen. Gerade postmodern inspirierte Gegenwarts literaturen – und ganz besonders transna- tionale Texte, deren entgrenzendes Moment bereits im Nichtaufgehen in einer
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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Title
Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Editor
Eva Binder
Christof Diem
Miriam Finkelstein
Sieglinde Klettenhammer
Birgit Mertz-Baumgartner
Marijana Miloơević
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-069346-1
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
350
Keywords
Opfernarrative, zeitgenössische Literatur, transnationale Erinnerung, TransnationalitÀt
Category
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