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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
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12    Einleitung Romans Predator eine Kritik zeitgenössischer Mitleids- und Opferdiskurse. Die Autorinnen zeigen, wie der Text klare Opfer-TĂ€ter-Dichotomien unterhöhlt und es den Leser*innen durch die kontinuierliche Zerstörung potenzieller Mitleidfi- guren unmöglich macht, sich in ihrem Mitleid einzurichten. Dabei berufen sich Mazi und Zink auf jĂŒngste Erkenntnisse im Bereich der kognitiv-literaturwis- senschaftlichen Empathieforschung, bei spielsweise Fritz Breithaupts Konzept des „empathischen Sadismus“: die empathische und in ihrem ursprĂŒnglichen Movens mitunter wohlwollende Lustbarkeit der Rezipient*innen ist direkt an die Leidenserfahrungen der dargestellten Opferfiguren gekoppelt. Arsenijevićs Roman, so die Autorinnen, inszeniert, demaskiert und entautomatisiert den „quasi ökonomischen Mechanismus des Mitleidens“, der letztlich jedweder Inst- rumentalisierung von Opfernarrativen zugrunde liegt. Im Zentrum des Beitrags „Der Fluch des Viktimismus: Die belarussische Gegenwartsdichtung im Teufelskreis der Martyrologie“ von Yaraslava Ananka und Heinrich Kirschbaum stehen ausgewĂ€hlte Texte der bela russischen Gegen- wartsliteratur, in denen vorwiegend national zu verste hende Opfernarrative in Frage gestellt bzw. aufgebrochen werden. Dabei machen die Autor*innen einen belarussischen „Galgendiskurs“ insbesondere bei Vera Burlak und Andrėj Chadanovič aus und verfolgen dessen literarische Verflechtungen mit nationalen wie internationalen, zum Teil weit in die (Literatur-)Geschichte zurĂŒckreichen- den affirmativen Verwendungen des Galgenmotivs. Die BeitrĂ€ge im vierten und letzten, mit „Transgression(en)“ ĂŒber schrie- benen Abschnitt sind eng mit dem vorangegangenen Teil verknĂŒpft, zielen sie doch auf die Vermeidung blockierender ‚Opferfallen‘ und die Überwindung wenig produktiver Opferkonkurrenzen ab. Dies soll vor allem durch die Dynamisierung des TĂ€ter-Opfer-VerhĂ€ltnisses gelingen, eines VerhĂ€ltnisses, das gerade nicht von Entgegensetzung, sondern vielmehr von Verwobenheit gekennzeichnet ist, beispielsweise um in totalitĂ€ren Regimen ĂŒberleben zu können. Anhand eines breiten Spektrums von gegen diskursiven, da dominante Erinnerungsnarrative unterminierenden ErzĂ€hltexten – der Bogen wird hier von den jugoslawischen Zerfallskriegen (Kowollik) ĂŒber den spanischen und griechischen BĂŒrgerkrieg (Pangalos) bis hin zur portugiesischen Nelkenrevolution (Voß) gespannt – erkun- den die Autor*innen die Potenziale von Literatur als ‚Schule der KomplexitĂ€t‘, die simplifizierende – da MittĂ€terschaft und Kollaboration ausblendende – Vergan- genheitsbewĂ€ltigung sowie vereinfachende TĂ€ter-Opfer-Binarismen untergrĂ€bt. HĂ€ufig gilt das Augenmerk auf diegetischer Ebene Figur(ation)en des Dritten (Voß, Roca Lizarazu), erweisen sich doch gerade ‚Hybridfiguren‘ wie TĂ€teropfer bzw. OpfertĂ€ter sowie Nachbar*innen und implicated subjects (Rothberg) als geeignet, um Dichotomien zu destabilisieren und Verstrickungen von TĂ€ter- und Opferstatus aufzuzeigen. Gerade die Figur des Nachbarn lĂ€sst Assoziationen zu
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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Title
Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Editor
Eva Binder
Christof Diem
Miriam Finkelstein
Sieglinde Klettenhammer
Birgit Mertz-Baumgartner
Marijana Miloơević
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-069346-1
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
350
Keywords
Opfernarrative, zeitgenössische Literatur, transnationale Erinnerung, TransnationalitÀt
Category
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