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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
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Die Geschichte des/der Anderen    77 und des Verbrechens bezichtigt und ihnen den Opferstatus aberkennt, obwohl den vergleichsweise wenigen Partisan*innen nicht zuletzt der Staatsvertrag zu verdanken ist. Die auch politisch erzeugte Denunzierung kĂ€rntner-slowenischer WiderstandskĂ€mp fer*innen als VerrĂ€ter*innen und „Kameradenmörder“ dient der Instrumentalisierung einer ganzen Volksgruppe als Feindbild, um einerseits die eigene MittĂ€terschaft (das Böse im Eigenen) zu verdrĂ€ngen, andererseits um eine positive Identifikation mit dem Widerstand zu verhindern (Amann 2013, 89). Wie die Untersuchung von Amann zeigt, wurden literarische Texte ĂŒber die traumatischen Erlebnisse dieser Gemeinschaft bis zum Erscheinen des Romans von Haderlap in der Öffentlichkeit kaum rezipiert, so dass die von ihnen erlebte Gewalterfahrung nicht zu Gehör kommen konnte. Diese GedĂ€chtnislĂŒcke schließt nun der Roman Engel des Vergessens, dem es gelang, eine radikale VerĂ€nderung öffentlicher Erinnerungsdiskurse zu erwirken (vgl. dazu Wintersteiner 2019). Schließlich muss der Blick auf Migrationsprozesse gelenkt werden, die mit einer zusĂ€tzlichen Pluralisierung von Erinnerungsformen von einst monokul- turell vorausgesetzten Erinnerungskulturen einhergehen. Hier manifestiert sich also die dritte Konfliktlinie österreichischer Erinnerungs kulturen zwischen den dominanten Narrativen einer Mehrheitsgesellschaft und der Perspektive von Zugewanderten, die dank ihrer verfremdenden Wahrnehmung – wie Grabovszki bemerkt (2009, 290) – einen neuen Blick auf Österreich erlauben und zu einer Umstrukturierung bestehender Wissensordnungen und Deutungsmuster sowie zur Destabilisierung gesellschaftlicher Selbst- und Fremdkonzepte beitragen können. Die Verbindung von Erinnerung und Migration berĂŒhrt in unserem Kontext noch eine weitere Problematik, nĂ€mlich, inwieweit Immigrant*innen in eine nicht nur nationalisierte, sondern auch ‚ethnisierte‘ Erinnerungskultur einge- bunden werden können/sollen, die die Erinnerung an die NS-Zeit als eine spe- zifisch deutsche bzw. österreichische Angelegenheit definiert (Assmann 2013, 128–129). Der Roman von Sadr ist in dieser Hinsicht von besonderem Interesse, weil er sich nicht nur souverĂ€n in das ursprĂŒnglich stark national definierte kol- lektive GedĂ€chtnis einschreibt, sondern durch das Aufzeigen von strukturellen Ähnlichkeiten zwischen Antisemitismus und Rassismus (vgl. dazu auch Mitter- bauer 2011, 238) und deren Ausgren zungsmechanismen auf ein zentrales Defizit westeuropĂ€ischer Gesellschaften aufmerksam macht, nĂ€mlich den Verlust der GrundsolidaritĂ€t mit Mitmenschen (vgl. dazu auch Assmann 2013, 138–139). Bei der Öffnung und nicht zuletzt auch Demokratisierung von Erinnerungskulturen ist deshalb eine multidirektionale Erinnerung von zentraler Bedeutung, d.h. die Anerkennung der Wechselseitigkeit und der dialogischen Natur der Erinnerun- gen, wobei die scharfe Trennung von ‚eigener‘ und ‚fremder‘ Erinnerung aufge- hoben ist. Erst wenn der öffentliche Raum – im Sinne Rothbergs – nicht lĂ€nger als
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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Title
Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Editor
Eva Binder
Christof Diem
Miriam Finkelstein
Sieglinde Klettenhammer
Birgit Mertz-Baumgartner
Marijana Miloơević
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-069346-1
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
350
Keywords
Opfernarrative, zeitgenössische Literatur, transnationale Erinnerung, TransnationalitÀt
Category
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