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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
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104    Anna Brod Illusion eines Kontakts zu den dargestellten Personen erzeugt, unterbricht die Vermittlung durch die Schauspieler*innen und die Namenlosigkeit der Figuren diese konkrete Verbindung wieder und lässt eine Übertragung auf andere Fälle und Familien zu. Das Bewusstsein der Zuschauer*innen um die Abwesenheit der dargestellten Personen wird für die Dauer der Übernahme einer Rolle durch einen Schauspieler oder eine Schauspielerin an den Rand des Verschwindens gebracht, aber nie ganz aufgelöst. Spätestens mit dem Rollenwechsel wird die Abwesenheit aber wieder in Erinnerung gerufen. Dies steht dabei in einer übergeordneten Per- spektive auch für die Abwesenheit der Angehörigen von durch den NSU Ermorde- ten in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Nicht zuletzt wird das Theaterpublikum in Urteile dabei eingebunden, die Hinterbliebenen als Opfer anzuerkennen. Dabei spielen im Kontext der Inszenie- rung die im Theatertext angelegten und aus der Interviewsituation hervorgegan- genen Apostrophierungen (z.B. „‚nett‘ können Sie vergessen“ [Umpfenbach und Mortazavi 2016, 24]) eine zentrale Rolle. Aufgrund der Homophonie der zweiten Person Singular und Plural der Höflichkeitsform ‚Sie‘ im Deutschen funktionieren beide Formen sowohl bei individueller Lese-Rezeption als auch in der kollektiven Theater-Rezeption als Ansprachen und ermöglichen es so, dass Rezipient*innen stellvertretend die Rolle des Gesprächsgegenübers, die ursprünglich die The- aterschaffenden in der Interviewsituation innehatten, einnehmen können. Mit Abb. 1:  Annehmen des Zeugnisses in der Inszenierung von Urteile; im Bild Gunther Eckes und Demet Gül
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Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Title
Opfernarrative in transnationalen Kontexten
Editor
Eva Binder
Christof Diem
Miriam Finkelstein
Sieglinde Klettenhammer
Birgit Mertz-Baumgartner
Marijana Milošević
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-069346-1
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
350
Keywords
Opfernarrative, zeitgenössische Literatur, transnationale Erinnerung, Transnationalität
Category
Lehrbücher
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