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Bewohner des Raiserthums.
und Obstwein (Cider), in Unterösterreich Bier und Wein, in den südli-
chen Provinzen/ in Ungarn und Siebenbürgen meist Wein. Die Lieb-
haber des Branntweins sind in allen Provinzen sehr zahlreich, am zahl-
reichsten in Galizien. — I n Kleidungen kann kein europaischer Staat,
Rusisand ausgenommen, eine so große Verschiedenheit aufweisen, und
hier ist selbst das schönste europaische Costum, das ungarische, einheimisch,
so wie das ärmlichste unter den Slowaken und Walachen. Ein allgemei-
ner Abriß laßt sich nicht geben; als Hauptabcheilungen aber kann man
dreyerley Kleiderformen, die deutsche, ungarische und polnische, annehmen.
In Städten herrscht die allgemeine europäische Tracht, die nach den Vor-
schriften der Mode aus Wien und Par is geregelt wird. — Auch in
den Wohnungen herrscht von den elenden Hütten, in welchen der Mensch
gemeinschaftlich mit seinem Vieh das Gemach theilt, oder von der trog-
loditischen Erdhöhle bis zum Pallaste des Reichen die größte Mannig-
faltigkeit, welche wohl alle Varietäten von Wohngebäuden in sich schließt.
Die schönsten und bequemsten Wohnungen hat der Italiener; auch die
Deutschen, die westlichen Slaven und ein Theil der Ungarn haben recht
wohnliche Gebäude, welches bey den Walachen, den Serben und den
untersten Claffen der Ungarn nicht gerühmt werden kann. Im Innem
dieser Gebäude und Hütten trifft man bey der größten Reinlichkeit, auch den
größten Schmutz, und in Galizien ist es nichts ungewöhnliches, daß
das Feuer frey in der Stube brennt, und der Rauch.sich selbst den Aus-
gang durch irgend ein Loch suchen muß. In mehreren Provinzen, zu-
mahl in Gebirgsgegenden, liebt man einzeln stehende Häuser, um in
der Nähe seiner Grundstücke leben zu können, aber in neuester Zeit hat
die Staatsverwaltung die Zusammenziehung der Ortschaften begünstigt,^
weil dadurch Sicherheit und geselliges Verhältniß mehr beförderr werden.
Ungarns große Ebenen haben die größten Märkte und Dörfer. Der
Character so verschiedenartiger Nationen läßt sich in einem allgemeinen
Bilde nicht darstellen. Nur so viel kann bemerkt werden, daß Gutartig-
keit und Gutmüthigteit, Anhänglichkeit an die Regierung, Abneigung
gegen Unruhen und Revolutionen, Muth und Tapferkeit im Krieg,
Anspruchlosigkeit mit vielen reellen Vorzügen, Charalterzüge sind,
welche alle diese Völker mit einander gemein haben.
Was den Kunstfieiß dieser Völkerschaften anbelangt, so muß zwi-
schen den westlich und östlich wohnenden ein Unterschied gemacht werden.
Bey den letztern, welche Oalizien und die sämmtlichen ungar. Länder
bewohnen, ist Gewinnung der Naturproducte Hauptbeschäftigung, die
Veredlung derselben in der Regel nur Nebensache; daher findet man hier
wenige Fabriken und ins Oroße gehende Gewerbsanstalten, wenig Ma-
schinen. Was für das Hauswesen der einzelnen Familien nothwendig ist,
wird hier größtentheils aus eigenem Naturerzeugniß vom Hausvater
oder der Hausmutter verfertigt; freylich mit höchst einfachen Werkzeu-
gen und in gänzlicher Unbekanntschaft mit allen künstlichen Hülfsmitteln
der Mechanik und Technik. Doch M es hier einige eigenthümliche Er-
zeugnisse, welche nicht nur recht gelungen genannt werden können / son-
dern auch von der Art sind, daß sie nirgends und in keiner Fabrik so ver-
fertigt werden, wie sie für den Hausgebrauch und die Nationaltracht
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie