Page - 446 - in Österreichische National-Enzyklopädie - Buchstabe A-D, Volume 1
Image of the Page - 446 -
Text of the Page - 446 -
C a p i st r a n.
zu setzen, trug der hussitische Erzbischof I o h. Rockycza na von Prag
ihm an, ein Religionsgespräch mit ihm zu halten, und überließ ihm
die Auswahl des Ortes der Zusammenkunft unter 3 in Böhmen gelege-
nen Städten. C. bestand darauf, daß die Disputation in Olmütz oder
Brunn gehalten werde, und als jener damit nicht einverstanden war,
unterblieb das Gespräch. Daraufging C. nach Böhmen, und zwar nach
K r u m mau, einer damahls der Familie v. Rosenberg gehörigen Stadt.
Von da mußte er sich aber schleunig wegbegeben, weil der Reichsstatthal-
ter, Georg Podiebrad, dem Ulrich von Rosenberg, Herrn von
Krumm au, verbothen hatte, ihn aufzunehmen. Desto ehrenvoller wurde
er in Pilsen, Brüx undKaaden empfangen, wiewohl er auch in
diesen Städten nur wenig Gehör fand, da Rockycza na ihn dem Volke
verdächtigte, der Reichsstatthalter aber seiner Wirksamkeit viele Hinder-
nisse in den Weg legte. C. eiferte in seinen Predigten im Tone der
Propheten des alten Bundes gegen die Sittenverderbniß seiner Zeitge-
nossen, drohte mit dem nahen Eintreffen der göttlichen Strafgerichte,
und lies; nicht selten Karten, Bretspiele, Schmuck und andere Gebrauch-
stücke des Luxus und des Vergnügens auf öffentlichen Platzen verbrennen,
oder bewog seine Zuhörer, dieses selbst zu thun. — Um die Fürsten zur
Theilnahme an dem Türkenkriege zu bewegen, veranlaßte Äneas
Sylvius den Kreuzprediger auf den Reichstagen zu Frankfurt am
Main (im Sept. 1454) und Wiener -Neus tad t (2. Febr.
1455) zu erscheinen. Er richtete aber nichts aus; daher wandte er sich
wieder an das Volk, bey welchem er auf mehr Glück hoffen durfte. Er
durchzog noch mehrere deutsche Länder, rührte die Gewissen durch seine
Strafpredigten, und warb eine große Menge reuiger Sünder als Kreuz-
fahrer an, die er nach Ungarn führte, welches Land damahls gerade
von den Türken auf eine höchst gefährliche Weise bedroht war. Der
Sultan Mahomed I I . war nähmlich mit einem Heere von 150,000
Mann gegen Ungarn vorgerückt, und hatte Belgrad belagert. Der
berühmte Feldherr I o h. Corvin Hunyad konnte den Türken nur,
10,000 Mann entgegenstellen, daher hatte er seine Hoffnung allein auf
die Kreuzfahrer gesetzt. In dieser gefahrvollen Lage des ungar. Reiches
zeigte C. sich äußerst wirksam und tapfer, und er kann, ohne daß da-
durch den Verdiensten des heldenmüthigen Hunyad nahe getreten
wird, der Retter Ungarns genannt werden. Errichtete durch seine feuer-
vollen Predigcen die verzagten Gemüther der Ungarn wieder auf, trieb
unaufhörlich durch Bitten, Ermahnungen und Drohungen das Volk zur
Ergreifung der Waffen, und brachte durch seine rastlosen Bemühungen
ein Heer von 60,000 Kreuzfahrern zusammen, welches er dem Hu-
nyad zuführte. Nicht weniger wie hiedurch, wurde C. dem ungar.
Feldherrn durch seinen Rath nützlich. Denn als Hunyad die be-
lagerte Festung mit Lebensmitteln zu versehen, und eine Truppenverstar-
kung hineinzubringen wünschte, ihm aber, weil der Platz von der
Wasserseite sowohl, als zu Lande eingeschlossen war, kein Weg dazu
offen stand, da rieth ihm der kluge Priester, einige hundert kleine
Schiffs zusammenzubringen, und damit die türkische Flotte anzugrei-
fen. Dieses geschah > C. und H u n y a d begleiteten mit ihren
Österreichische National-Enzyklopädie
Buchstabe A-D, Volume 1
- Title
- Österreichische National-Enzyklopädie
- Subtitle
- Buchstabe A-D
- Volume
- 1
- Authors
- Franz Gräffer
- Johann Czikann
- Publisher
- H. Strauß
- Location
- Wien
- Date
- 1835
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.3 x 22.0 cm
- Pages
- 788
- Keywords
- Nachschlagewerk, Biografien
- Categories
- Lexika National-Enzyklopädie